Die fünf Kernkraftwerke in Niedersachsen (von links): Stade, Unterweser, Emsland, Lingen und Grohnde.

Die Stilllegung und der Rückbau der niedersächsischen Atomkraftwerke schreitet voran. 2025 soll mit Stade das erste AKW Geschichte sein, 2037 mit dem Werk im Emsland das letzte. In welchen Phasen der Stilllegung und des Rückbaus sich die fünf Kernkraftwerke derzeit befinden, erläuterte gestern Werner Fieber, Leiter des Referats für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und nukleare Versorgung im Umweltministerium, im Umweltausschuss des Landtags.

Nach seinen Worten wird das Thema Atom für Niedersachsen auch nach 2037 noch aktuell sein. Denn die Zukunft der bereits gebauten und noch zu errichtenden Zwischenlager sei ungewiss, solange die Suche nach einem Endlagerstandort andauert. Die Grünen fordern daher nun eine Nachrüstung der Zwischenlager, in denen hochradioaktives Material wie etwa Brennstäbe lagert, um sie vor Terroranschlägen und Unglücken wie etwa Flugzeugabstürzen zu sichern.


Das Kernkraftwerk Lingen-Ems im August 1973. | Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F040681-0011/Ulrich Wienke – CC-BY-SA 3.0

Lingen: Das AKW Lingen ist zwar schon seit 1979 außer Betrieb, doch es wird wohl erst 2027 vollständig abgebaut sein. Dabei drückt die Betreibergesellschaft RWE Power AG schon aufs Tempo, denn eigentlich sollte der Abbau der Infrastruktur erst 2030 abgeschlossen sein, zuzüglich zweier weiterer Jahre für den Abriss der Gebäude. „Seit 2017 läuft das Genehmigungsverfahren für den zweiten Teil des Rückbaus, den Abbau der aktivierten Anlagenteile“, sagt Fieber. RWE wünscht, dass diese Genehmigung Ende dieses Jahres erteilt wird. „Ob das so kommt, ist aber eine andere Frage, denn das Verfahren lässt sich nur schwer beschleunigen“, fügt Fieber hinzu. So gehöre neben anderen Voraussetzungen auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Beteiligung der Öffentlichkeit zum Prozedere. Bis die Genehmigung zum Abbau des ersten Teils der Anlage erteilt worden war, sind insgesamt sieben Jahre vergangen.


Das Kernkraftwerk Stade soll als erstes AKW in Niedersachsen komplett abgerissen werden. | Foto: PreussenElektra

Stade: Die Anlage in Stade dürfte das erste AKW sein, das komplett zurückgebaut sein wird. Für alle vier Abbauphasen lägen bereits Genehmigungen vor, sagt Fieber. Auch hier befänden sich keinerlei Kernbrennstoffe mehr in der Anlage. Dennoch wird der Fund von kontaminierten Stellen in der Schutzhülle des Atomreaktors den Rückbau verzögern. „Der Reaktor muss separat abgebaut und die Einzelteile gesondert entsorgt werden“, erklärt Fieber. Statt wie ursprünglich geplant 2016 wird das AKW also voraussichtlich erst 2023 vollständig zurückgebaut sein. Die Abrissarbeiten könnten beginnen.


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Das Atomkraftwerk Unterweser im Jahr 2006. | Foto: PreussenElektra

Unterweser: Das AKW wurde zwar schon kurz nach der Katastrophe in Fukushima endgültig vom Netz genommen, doch erst seit einem knappen Jahr liegt die Genehmigung für den Rückbau vor. Im November wurde zudem der Antrag für den Abbau des Reaktordruckbehälters und der Betonhülle gestellt. „Wenn die Erlaubnis im kommenden Jahr erteilt wird, könnte das AKW 2028 aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden, so erhofft es sich zumindest die Betreibergesellschaft E.ON“, sagt Fieber. Insgesamt rund 193.000 Tonnen Reststoffe werden hier voraussichtlich anfallen, 2,2 Prozent davon als radioaktive Masse. Im Dezember wurde die Genehmigung für ein Lager erteilt, in dem solche sonstigen radioaktiven Abfälle gelagert werden sollen.


Das AKW Grohnde ist wie angekündigt Ende 2021 vom Netz gegangen. | Foto: PreussenElektra

Grohnde: Auch wenn das AKW Grohnde noch bis Ende 2021 am Netz bleiben kann, hat die Betreibergesellschaft PreussenElektra GmbH im Hinblick auf die langen Bearbeitungsphasen schon im Oktober vergangenen Jahres einen Stilllegungs- und Rückbauantrag gestellt. Man rechnet Ende 2022 mit dem Bescheid, in der Zwischenzeit soll das AKW nachbetrieben werden. Der Reaktor ist dann abgeschaltet, durch Nachzerfallsprozesse ist aber eine weitere Kühlung notwendig. Bis 2036 soll das AKW dann abrissbereit sein. Auch für dieses AKW läuft ein Antrag für den Bau einer Halle, in der die radioaktiven Stoffe rückgelagert werden sollen.


Das Kernkraftwerk Emsland in Lingen war von 1984 bis Ende 2021 in Betrieb. | Foto: RWE AG

Emsland: Dieses AKW kann bis Ende 2022 in Betrieb bleiben, doch der Betreiber KKW Lippe-Ems will nach der Abschaltung direkt in den Rückbau gehen und hat deshalb schon 2016 den Antrag gestellt. „Hier ist auch nur eine Genehmigung für den gesamten Rückbau nötig“, sagt Fieber. Ein weiteres Genehmigungsverfahren gibt es lediglich für eine zusätzliche Zwischenlagerhalle. Schon seit 2002 werden auf dem Gelände gebrauchte Brennelemente in Castor-Behältern zwischengelagert, bis ein Endlager bereitsteht.