Die Synode der evangelischen Landeskirche Hannovers hat vorgestern einer neuen Handreichung für die Trauung von Paaren gleichen Geschlechts zugestimmt. Bei nur einer Enthaltung und keiner Gegenstimme nahm das Kirchenparlament die vom Bischofsrat überarbeitete Fassung an. Bereits seit 2002 hatte es in der Landeskirche Fürbitt-Andachten, seit 2014 sogar Segnungsgottesdienste für Paare gegeben, die in einer sogenannten eingetragenen Lebenspartnerschaft lebten.

Mit der neuen Handreichung reagiert die größte der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland nun auf die im Sommer 2017 vom Bundestag beschlossene Öffnung der staatlichen Ehe für homosexuelle Paare. Seitdem seien immer wieder gleichgeschlechtliche Paare auf die Kirche zugekommen und hätten nach einer Trauung gefragt. „Dazu mussten wir uns verhalten“, sagte Hans Christian Brandy, Landessuperintendent im Sprengel Stade, im Bericht des Bischofsrates. Im vergangenen Jahr hatte deshalb die Landessynode auf ihrer Herbsttagung die Kirchenleitung dazu aufgefordert, diese Anpassung an die neue rechtliche Grundlage anzupassen. Als die erste Handreichung 2014 verabschiedet wurde, habe man geahnt, dass diese eine „begrenzte Halbwertszeit“ haben werde, erzählte Brandy. „Dass diese aber so kurz sein würde, hat man damals nicht gedacht.“

Dies ist ein Bekenntnis zur Bedeutung der Ehe und keine Relativierung.

Brandy betonte am Mittwochabend auf der Synodentagung, dass dies ein neuer Schritt der Kirche sei, der im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen gegangen werde. „Es wäre naiv zu behaupten, unsere kirchlichen Sichtweisen hätten sich nicht gewandelt.“ Man habe sich aber in einer „genuin theologischen, kirchlichen Diskussion“ weiterentwickelt. Ausschlaggebend für das angespannte Verhältnis der Kirchen zur Homosexualität sind explizite Bibelstellen, in denen Homosexualität abgelehnt wird. Der Landessuperintendent erklärte aber, dass der Konsens gewachsen sei, dass die Bibel eine Partnerschaft im heutigen Sinne überhaupt nicht im Blick gehabt hätte.

Der Entscheidung des Bischofsrates war eine intensive „ethische, systematisch-theologische und soziologische Bewertung“ vorangegangen, sagte das Mitglied des Bischofsrates. Im Kloster Loccum hätten sich dazu Fachleute zu einer Konsultation zum Thema Ehe zusammengefunden. Das Ergebnis fasst Brandy so zusammen: „Dies ist ein Bekenntnis zur Bedeutung der Ehe und keine Relativierung. Was sich über die Ehe von Mann und Frau sagen lässt, gilt auch für zwei Männer oder zwei Frauen.“ Lithurgisch ergeben sich durch die Überarbeitung kaum Unterschiede zur Fassung von 2014. Abgesehen von einem neuen Vorwort werde aus der Segnung nun eine Trauung, aus der Partnerschaft die Ehe. Unterschiede zur klassischen Trauagenda bestünden weiterhin in den Bibeltexten, die im Gottesdienst gelesen werden. Die Handreichung gleich soweit zu erweitern, dass sie für Trauungen aller Paare gelte, hat die Kirchenleitung vorerst aufgeschoben. Dazu seien weitere Abstimmungen mit anderen Kirchengremien jenseits der Landeskirche nötig. Dieser Prozess sei voraussichtlich erst in einigen Jahren abgeschlossen.

Es bleibt beim Gewissensvorbehalt für Pastoren

Die Überlegungen zum „angemessenen Umgang mit Paaren gleichen Geschlechts“ hätten in der Kirche in der Vergangenheit durchaus „Polarisierung und auch Verletzungen mit sich gebracht“, sagte Brandy. Die Einführung der Handreichung zu Segnungsgottesdiensten sei 2014 aber ohne größere Kontroversen geschehen. Dass dies nicht selbstverständlich ist, belegt ein Blick in die evangelische Landeskirche in Württemberg. Dort haben kürzlich mehr als 300 Pfarrer erklärt, keine Segnungen homosexueller Paare vornehmen zu wollen.

Auch in der Landeskirche Hannovers werde es weiterhin einen Gewissensvorbehalt geben. Pastoren können also nicht gezwungen werden, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen. „Sie dürfen die Trauung aber auch nicht verhindern“, stellte Brandy klar. Bei einer Ablehnung könne sich das Ehepaare einfach andere Pastoren suchen.