Nun ist der Bundesparteitag der AfD in Braunschweig vorüber, und die Ergebnisse können die niedersächsische Landesvorsitzende Dana Guth nicht zufrieden stellen. Sie selbst hat es bei der Wahl zu der Nachfolge von Alexander Gauland nicht einmal in die Stichwahl geschafft, von knapp 600 Delegierten sprachen sich 129 für sie aus. Anschließend wurden die engsten Mitstreiter von Guth, die Vize-Bundesvorsitzenden Kay Gottschalk und Georg Pazderski, abgewählt. Sie galten wie auch Guth selbst als die entschiedensten Gegner des rechtsextremen „Flügels“ in der Partei, der völkische Positionen vertritt und in dem verfassungsfeindliche Positionen gedeihen. Zwar sind 129 Stimmen durchaus ansehnlich, doch der geplante Pakt mehrerer Landesverbände, der Guth an die Parteispitze hieven sollte, ging schief.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Armin-Paul Hampel erhebt schwere Vorwürfe gegen die niedersächsische Parteichefin Dana Guth – Foto: AfD, Dana Guth

Nun nutzt ein alter Rivale den Moment von Guths Niederlage zum Gegenangriff. Seit wenigen Tagen kursiert ein Brief Armin-Paul Hampels an Mitglieder in der niedersächsischen AfD, in dem er schwere Vorwürfe an die Adresse der Landesvorsitzenden richtet und gleichzeitig seine Rückkehr auf die niedersächsische Bühne ankündigt: „Ich werde mich künftig verstärkt wieder den Abläufen im Landesverband widmen“, sagt er – und eröffnet damit Spekulationen über eine Rückkehr auf den Landesvorsitz.

Doch aus Parteikreisen heißt es, nicht er wolle neuer Landesvorsitzender werden, sondern der Northeimer Bundestagsabgeordnete Jens Kestner (47), ein ehemaliger Bestattungsunternehmer. Angeblich gebe das Hampel-Lager ihm den Vorzug gegenüber dem Lüneburger Landtagsabgeordneten und früheren Altenpfleger Stephan Bothe (35), da dieser „nicht gedient“ habe. Kestner war Oberfeldwebel in der Panzertruppe. Der Landesparteitag ist allerdings erst im März oder April 2020.

Mit Guths Kandidatur geht ein Bekenntnis einher

Dass das Hampel-Lager versuchen wird, über den Beschluss von zehn Kreisvorständen ein Vorziehen dieses Termins zu erreichen, gilt bisher als unwahrscheinlich. „Zehn Kreisvorstände bringt er nicht zusammen“, meint dazu ein Insider. Gerechnet wird damit, dass Guth sich beim regulären Parteitagstermin als Vorsitzende bestätigen lassen will – und spätestens seit dem Bundesparteitag und ihrer definitiven Distanz zum rechtsextremen „Flügel“ geht mit ihrer Kandidatur auch ein inhaltliches Bekenntnis einher: Sie will ein Leitfigur für all jene sein, denen der „Flügel“ zu weit rechts und zu aggressiv auftritt.

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Wer in einem Duell Guth gegen Kestner die besseren Chancen hätte, ist schwer vorherzusagen, denn in Niedersachsen sind Landesparteitage noch Mitglieder-Vollversammlungen ohne Delegiertenprinzip. Es kommt dann also auf die bessere Mobilisierung an.


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Das Hampel-Lager hingegen hält zum „Flügel“ stets Kontakt, auch wenn diese Gruppierung in Niedersachsen kaum in Erscheinung tritt. Das ist klug, gilt der „Flügel“ doch als kadermäßig und effektiv organisiert.

In seinem Schreiben an die AfD-Mitglieder wirft Hampel der Landesvorsitzenden vor, sie habe ihre eigene Kandidatur zum Bundesvorstand viel zu spät kommuniziert und sich selbst mit der Bewerbung für den Bundesvorsitz überschätzt. Sie habe dem inzwischen aus der AfD ausgeschlossenen Lars Steinke, der Stauffenberg beleidigt hatte, zu lange gehalten und ihn sogar gefördert.

Aus dem Guth-Lager heißt es darauf, das stimme nicht, vielmehr habe die Landtagsfraktion der „Jungen Alternativen“ ein Praktikum angeboten – und dies habe Steinke als damaliger JA-Vorsitzender genutzt. Hampel hält Guth außerdem vor, sie habe hohe Kosten im Zusammenhang mit dem „Finanzbericht“ eines Wirtschaftsprüfers verursacht, der die Unregelmäßigkeiten in Hampels Amtsführung als Landesvorsitzender aufarbeiten sollte. „Mehr als 150.000 Euro“ seien für fragwürdige Zwecke produziert worden, auch für überteuerte Veranstaltungen.

Beide Seiten werfen sich Falschaussagen vor

Guth selbst lehnte es gegenüber dem Rundblick ab, sich zu dem Brief zu äußern. Aus ihrem Umfeld heißt es, die Arbeit des Wirtschaftsprüfers und die parteiinterne Veröffentlichung seines Berichts seien von Parteitagen beschlossene Schritte gewesen – teilweise beruhend auf Anträgen aus dem Hampel-Lager. Und der tatsächlich teure Landesparteitag 2018 in Braunschweig gehe auf das Konto des Bundesverbandes, der damals nach der Absetzung des von Hampel geführten Landesvorstandes die Regie übernommen hatte. Beide Seiten, die Hampel-Anhänger und die Guth-Anhänger, werfen sich intern gegenseitig Falschaussagen und sogar „Lügen“ vor. Es brodelt in Niedersachsens AfD.