Möglichst noch im November soll sich ein Expertengremium konstituieren, das sich mit den Arbeitszeiten der Lehrer in Niedersachsen befasst. Ziel sei es, für diese Bemessung ein Standardverfahren zu entwickeln, sagte Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. „Dafür müssen wir einen objektiven und transparenten Weg finden.“ Den Vorsitz des Gremiums soll der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes, Richard Höptner, übernehmen. Stellvertreterin wird die frühere Vorsitzende des niedersächsischen Schulleitungsverbandes, Helga Akkermann. Hinzukommen sollen vier Praktiker aus Schule und Schulverwaltung, Wissenschaftler sowie Vertreter der Spitzenorganisation aus Beamtenschaft und Gewerkschaften. Das Gremium soll insgesamt aus etwa 12 Mitgliedern bestehen.

https://soundcloud.com/user-385595761/frauke-heiligenstadt-zum-expertengremium-zur-lehrerarbeitszeit

„Mir ist wichtig, dass wir das Thema Lehrerarbeitszeit aus einer politischen, emotionalen Diskussion herausnehmen und Wissenschaftler und Praktiker einbeziehen“, sagte Heiligenstadt. Sie selbst und die Staatsekretärin würden bewusst keine Mitglieder des Gremiums. „Wir wollen keine politischen Vorgaben machen“, machte die Ministerin deutlich. Die Experten können von Beginn an unter anderem an Daten aus der Online-Befragung zur Lehrerarbeitszeit sowie die Daten aus der Studie der Lehrer-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einbeziehen. Wenn dem Gremium diese Daten nicht ausreichten, könnten weitere Studien nötig werden, erklärte Heiligenstadt. Deshalb sei auch keine Prognose darüber möglich, wann ein endgültiges Ergebnis vorliegen könnte.

Ein Hauptanliegen sei es, zu einer möglichst weitreichend konsensualen Lösung zu kommen, sagte der Vorsitzende des neuen Gremiums, Richard Höptner. Er sprach von einem Spannungsfeld. Auf der einen Seite gebe es ein öffentliches Interesse an der Unterrichtsversorgung, auf der anderen Seite die Fürsorgepflicht des Dienstherren. „Wenn Sie Menschen über 40 Jahre lang beschäftigen, dann gibt es auch aus Sicht des Arbeitgebers ein großes Interesse daran, die Mitarbeiter motiviert zu halten.“ In diesem Spannungsfeld benötige man ein Modell, mit dessen Hilfe man möglichst flexibel auf sich ändernde Anforderungen reagieren könne. Die ehemalige Schulleiterin Helga Akkermann berichtete, sie habe immer wieder Unzufriedenheit über die Einschätzung der Lehrerarbeitszeit erlebt. „Die Unterrichtsstunden bilden nicht die Leistungen und das Engagement der Lehrer ab.“

Die Lehrer-Gewerkschaft GEW forderte eine Arbeitszeitverordnung, die an allen Schulformen Entlastungen vorsieht, damit die 40-Stunden-Woche endlich auch für Lehrkräfte gelte. Die Arbeitszeitstudie der Gewerkschaft habe schließlich massive Überschreitungen dieser Grenze festgestellt. Arbeitszeiten über 48 Wochenstunden fielen regelmäßig bei bis zu einem Fünftel der Lehrkräfte an. Zudem müsse die Unterrichtsverpflichtung an Grund- und Hauptschulen den übrigen Schulformen angeglichen werden.

Lesen Sie auch:

Lehrer-Umfrage zeigt: Pädagogen sehen wenig Unterstützung durch Behörden

„Gefühlte Belastungserfahrung“