Voraussichtlich im Mai oder Juni wird der Landtag über das neue Versammlungsgesetz abstimmen – und dann könnte womöglich die „Bannmeile“ vor dem Parlament der Vergangenheit angehören. Bisher ist die Bestimmung so, dass Demonstrationen direkt vor den Zugängen zum Parlament unterbunden werden können, wenn der Landtagspräsident das im Einvernehmen mit der Versammlungsbehörde, also der Polizeidirektion Hannover, entscheidet. Im rot-grünen Gesetzentwurf wird dieser Passus gestrichen, das heißt, Versammlungen sollen generell auch direkt vor dem Landtag stattfinden können. Heftige Kritik an dieser Absicht übt nun der FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen, der die gegenwärtigen Regeln für die Bannmeile für angemessen und zukunftsweisend hält: „Derzeit ist nicht jede Demonstration vor dem Parlament untersagt, es ist nur eine Abwägung vorgeschrieben. Wenn 50 Leute mit Transparenten vor dem Eingang stehen, ist das kein Problem – bei 1000 empörten Landwirten, die mit ihren Traktoren kommen, kann das aber schon anders aussehen“, sagte Oetjen dem Rundblick.

Widerspruch kommt von Meta Janssen-Kucz, der Innenpolitikerin der Grünen-Landtagsfraktion. Sie nennt drei Gründe, warum diese Bestimmung tatsächlich entfallen kann. Erstens wirke die Bannmeile abschreckend auf Menschen, die ihre politischen Positionen ausdrücken wollen – und das sei aus Sicht der Grünen nicht richtig. Zweitens biete das derzeitige Versammlungsrecht auch ohne diesen „befriedeten Bezirk“ rund um das Parlament genügend Möglichkeiten, gegen eine gefährliche oder ausufernde Demonstration vorzugehen. „Das Versammlungsrecht gilt ja an sich nicht schrankenlos. Wenn eine Demonstration geeignet ist, die Arbeit des Parlamentes zu behindern, kann die Polizei dagegen einschreiten – auch dann, wenn es keine Bannmeile gibt“, sagt Janssen-Kucz. Als dritten Grund erwähnt die Grünen-Politikerin den Wandel bei der Polizei: „Heute sind die Beamten viel besser ausgebildet, sie haben viel mehr Möglichkeiten, eine Demonstration zu begleiten und Auswüchse zu vermeiden. Das war in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als radikale Gruppen in Berlin aufgetreten sind, noch ganz anders.“

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Die Gegenposition dazu kommt vom FDP-Politiker Oetjen. Er sagt: „In der Weimarer Republik ist es wiederholt vorgekommen, dass SA-Horden in Uniformen vor dem Reichstag standen und Schlachtrufe von sich gegeben haben. Das soll man damals bis ins Parlament gehört haben, damit wurde ein Druck auf die Abgeordneten ausgeübt, sie wurden eingeschüchtert. Die Bannmeile kann so etwas verhindern. Sie kann sicherstellen, dass die Ausübung des freien Mandates gewährleistet wird.“ Oetjen regt an, dass im Innenausschuss des Landtags auch Parlamentspräsident Bernd Busemann (CDU) auftritt und seine Sicht der Dinge präsentiert. In den bisherigen Anhörungen zum Gesetzentwurf habe man es versäumt, den Landtagspräsidenten um seine Meinung zu fragen.