Niedersachsen ist vom verbotenen Einsatz des Insektengifts Fipronil in Hühnerställen deutlich stärker betroffen als bisher angenommen. Nicht nur verunreinigte Eier aus den Niederlanden sind hier in den Handel gelangt, auch bei niedersächsischen Geflügelhaltern wurde das Gift nun nachgewiesen, teilte Agrarminister Christian Meyer gestern mit. Fünf Höfe sind deshalb bereits geschlossen worden, weitere könnten folgen. Grund dafür sind Produkte der niederländischen Firma Chickfriend, die sich auf die Bekämpfung von Blutläusen spezialisiert hat. Sie benutzte dafür Präparate, die verbotenerweise mit Fipronil versetzt worden waren. Auch die fünf niedersächsischen Legehennenbetriebe hatten das Unternehmen mit der Schädlingsbekämpfung beauftragt.

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Im Agrarministerium geht man jedoch davon aus, dass Chickfriend noch weitaus häufiger in Niedersachsen im Einsatz war. „Gegen Chickfriend und die Herstellerfirma des Präparats ermittelt die Staatsanwaltschaft, doch die Unternehmen kooperieren nicht“, sagte Meyer. Daher würden Kundenlisten den Behörden nur kleckerweise bekannt. Allerdings will der Agrarminister nicht länger auf die Daten warten: „Wir haben eine Taskforce gegründet und arbeiten jetzt mit den Kommunen daran, die einzelnen Betriebe zu überprüfen.“ Ein Landwirt in der Grafschaft Bentheim hatte sich bereits am Wochenende selbst angezeigt, weil er Chickfriend mit der Schädlingsbekämpfung beauftragt hatte. In den Eiern von seinem Hof wurde auch Fipronil nachgewiesen. Drei weitere Höfe in der Grafschaft und einer im Emsland wurden vorsorglich geschlossen, sie standen auf der Kundenliste von Chickfriend. „Hier warten wir noch auf die Laborergebnisse“, sagt Meyer.

Für die belasteten Eier indessen ist eine Rückrufaktion angelaufen. Auf der Webseite www.lebensmittelwarnung.de hat das Ministerium die sechs Nummern der bislang als belastet identifizierten Eierchargen aus den Niederlanden und dem Hof aus der Grafschaft Bentheim veröffentlicht. Supermärkte dürfen Eier aus diesen Lieferungen nicht mehr verkaufen, Kunden müssen sie wegwerfen oder zurück in den Laden bringen. Fipronil ist ein Nervengift und in normalem Maß für andere Tiere und Menschen nicht gefährlich. Deshalb wird es etwa zur Vorbeugung vor Flöhen und Zecken bei Katzen und Hunden eingesetzt. Doch in der Erzeugung von Lebensmitteln ist Fipronil verboten. Denn Tierversuche mit erhöhter Dosis haben ergeben, dass sich das Gift dann auch das Nervensystem und die Organe schädigen kann. Besonders Kinder sind gefährdet, da bei ihnen die Toleranzschwelle niedriger liegt. Daher ist der Einsatz von Fipronil bei Nahrungsmittel produzierenden Tieren verboten.

Wir fahren jetzt die Null-Toleranz-Linie.

Die momentan gefundenen Rückstände von Fipronil in den Eiern liegen nach Angaben des Ministeriums unter dem Grenzwert von 0,72 Milligramm pro Kilo Ei. Dennoch wolle man kein Risiko eingehen. „Wir fahren jetzt die Null-Toleranz-Linie, denn der Stoff darf in den Eiern einfach nicht drin sein“, sagt Meyer. „Selbst wenn die gefundenen Werte noch unter der Grenze liegen.“ Wie lange allerdings mit Fipronil belastete Eier schon im Umlauf sind, kann der Minister nicht sagen. „Das liegt unter anderem daran, dass Fipronil im Rückstandskontrollmonitoring des Bundes bisher nicht enthalten war.“ Sprich: Fipronil gehörte nicht zu den Substanzen, auf die tierische Lebensmittel regelmäßig untersucht werden. Niedersachen habe das Meyer zufolge nun geändert, seit dem Wochenende steht das Insektizid auch auf der landeseigenen Liste. Es ist jedoch davon auszugehen, dass viele belastete Eier schon gegessen wurden. Bei einer kritischen Menge Fipronil reagiert der Körper mit Übelkeit, Schwäche und Nervosität. Zeigen sich auch nach Tagen keine Symptome, müsse man nicht unbedingt zum Arzt, heißt es vom Ministerium.