Niedersächsische Kommunen haben bislang nur knapp die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fördermittel zur Erforschung von sogenannten Bohrschlammgruben abgerufen. Mit Ende des Jahres werden damit voraussichtlich Fördergelder von fast 2,5 Millionen Euro verstreichen, die von der Erdgas- und Erdöl-Industrie bereitgestellt worden sind. Im Jahr 2015 hatte die damalige rot-grüne Landesregierung mit dem Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) einen Vergleichsvertrag geschlossen, um möglicherweise umweltschädliche Altlasten untersuchen zu lassen.

Altlasten werden teilweise nun doch nicht untersucht. – Foto: GettyImages/Cecop15

Bei der Erdgas- und Erdöl-Förderung war es bis in die 1960er Jahre hinein üblich, die Flüssigkeit und den Schlamm, der durch die Rohre gespült wurde, in einer neben der Förderanlage ausgehobenen Grube zu entsorgen. In diesen Rückständen können die für die Umwelt schädlichen Stoffe enthalten sein. Mit Ende des Jahres wird die finanzielle Förderung zur Untersuchung der Gruben nun aber planmäßig enden, nur noch bis Mitte des Jahres können entsprechende Anträge gestellt werden.

Dass die Landesregierung den Vergleichsvertrag auslaufen lassen will, ohne dass die zugesicherten Summen überhaupt abgeflossen sind, ist ein Witz.

„Dass die Landesregierung den damals unter grüner Führung verhandelten Vergleichsvertrag auslaufen lassen will, ohne dass die zugesicherten Summen überhaupt abgeflossen sind, ist ein Witz“, kritisiert die Grünen-Landtagsabgeordnete Imke Byl im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Sie sieht die Landesregierung in der Verantwortung, bei der Erdgas- und Erdölindustrie eine Vertragsverlängerung zu erwirken. „Bei den Gewinnen, die die Industrie in den letzten Jahrzehnten auf Kosten von Klima und Umwelt gemacht hat, und nach der gerade erfolgten Absenkung der Förderabgabe dürfte eine solche Vertragsverlängerung wirklich kein Problem darstellen.“

244 Verdachts-Standorte noch nicht untersucht

In den zurückliegenden Jahren wurde die Untersuchung von 299 Standorten bewilligt, berichtet das niedersächsische Umweltministerium auf Rundblick-Anfrage. 244 weitere stehen demnach aber noch auf der Liste, ohne dass geplant ist, diese zu untersuchen. Doch woran liegt es, dass ein großer Teil der Fördersumme verfällt, obwohl noch nicht alle Standorte untersucht worden sind? Das Umweltministerium verweist auf die Zuständigkeit der unteren Bodenschutzbehörden. Obwohl aus dem Fördertopf des BVEG  80 Prozent der Kosten für eine Standortuntersuchung finanziert werden, müsse die jeweils zuständige kommunale Bodenschutzbehörde noch 20 Prozent selbst aufbringen, erläuterte ein Sprecher des Ministeriums.

Zudem sei auch die Umsetzung der Maßnahme durch die Behörde zu betreuen. Für acht der unteren Bodenschutzbehörden in Niedersachsen gelte, dass alle oder zumindest nahezu alle Standorte in ihrem Zuständigkeitsbereich abgearbeitet worden sind. Für sieben weitere träfe dies zumindest zum Teil zu. Doch insgesamt zwölf Landkreise, in denen es Verdachts-Standorte gibt, haben nach Auskunft des Umweltministeriums noch gar keine Untersuchungen beantragt.

Kommunen stellen immer weniger Anträge

Im Ministerium geht man dennoch davon aus, dass der Handlungsbedarf in den Kommunen offenbar nicht gegeben ist. „Die Anzahl der Anträge nimmt immer weiter ab“, erklärte der Ministeriumssprecher auf Rundblick-Anfrage. Waren es 2019 noch 30 Neuanträge, ist die Zahl im vergangenen Jahr auf gerade einmal elf geschrumpft. Nun ließe sich einwenden, dass im Jahr 2020 eventuell die Corona-Pandemie zu einer statistischen Verzerrung geführt hat, weil die Landkreise ihre Kapazitäten womöglich anders eingesetzt haben.

Das Umweltministerium führt allerdings noch ein weiteres Argument ins Feld: An 133 Standorten konnten bislang die Untersuchungen abgeschlossen und die Ergebnisse ausgewertet werden. Doch nur bei einem einzigen dieser Standorte wurde anschließend über die Notwendigkeit einer Sanierung der Grube diskutiert. „Dies zeigt, dass der Handlungsbedarf bei den historischen Öl- und Bohrschlammgruben im Verhältnis zu beispielsweise den Rüstungsaltlasten im Dethlinger Teich wesentlich geringer ist“, erklärte der Sprecher des Umweltministeriums.

Die Landkreise in Niedersachsen haben nach unserer Einschätzung sehr aktiv von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das vereinbarte Förderprogramm zu nutzen.

Die Grünen-Umweltpolitikerin Byl möchte diese Begründung allerdings nicht gelten lassen. Ihrer Ansicht nach stehe die Landesregierung in der Pflicht, die Kommunen zu informieren und etwa bei der Antragstellung zu unterstützen. Beim Branchenverband BVEG zieht man derweil eine positive Zwischenbilanz. „Die Landkreise in Niedersachsen haben nach unserer Einschätzung sehr aktiv von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das vereinbarte Förderprogramm zu nutzen“, erklärte BVEG-Hauptgeschäftsführer Ludwig Möhring auf Rundblick-Anfrage. Weil das Budget noch nicht ausgeschöpft sei, gebe es aber Raum für weitere Anträge. Eine Gesamtbewertung könne dann erst nach Ende der Kampagne folgen, teilte Möhring mit.