Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein Stellvertreter, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU), wollen den Breitbandausbau und die Versorgung mit schnellem Internet in Niedersachsen erheblich beschleunigen. Beide stellten am Dienstag den „Masterplan zur Digitalisierung“ vor, der die Ausbauziele definiert, Aufgaben beschreibt und auf Defizite hinweist. Ziel solle es sein, bis 2021 „einen hundertprozentigen 4G- oder LTE-Versorgungsgrad im ganzen Land“ zu erreichen – also flächendeckend. Den neuen Mobilfunkstandard 5G wolle man dann im Folgejahr 2022 in allen Regionen des Landes „pilotieren“ (was übersetzt so viel bedeutet wie steuern oder anschieben). Als weitere Ziele nannten Weil und Althusmann „die vollständige Versorgung aller Haushalte mit gigabitfähigen Anschlüssen“ bis zum Jahr 2025. Alle Gewerbegebiete sollten schon 2021 gigabitfähig versorgt sein, die Seehäfen ebenfalls. Damit alle Schulen und Hochschulen auch rasch sämtliche Möglichkeiten der digitalen Bildung nutzen könnten, lege man hierauf „einen besonderen Fokus“. Das Schuljahr 2021/2022 wird hierfür als Zielmarke angepeilt.


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Das Land setzt allerdings weiter auf die vorrangige Tätigkeit der privaten Kommunikationskonzerne. Diese haben sich bundesweit verpflichtet, bis zum nächsten Jahr 98 Prozent und bis 2020 dann 99 Prozent aller deutschen Haushalte mit leistungsfähigem Internet zu versorgen. Der niedersächsische Masterplan geht darüber hinaus, er will nicht nur die Haushalte, sondern alle Flächen in Niedersachsen – also auch die abgelegenen Dörfer – einbeziehen. Außerdem herrschen Zweifel, ob die von den Unternehmen verkündeten Ausbauziele tatsächlich wirken, da Bürger rund 3500 Funklöcher gemeldet hatten. „Wir werden jetzt Kreis für Kreis und Stadt für Stadt überprüfen, wie es dort mit der Versorgung steht“, kündigte Althusmann an. Mit den Telekommunikationsunternehmen werde es ein „hartes Ringen“ um den Anschluss der restlichen Gebiete geben. Er hoffe nicht, dass die Unternehmen auf Zeit spielen, da das Land für den Notfall die eigene Finanzierung der übriggebliebenen weißen Flecken versprochen hat. Laut Vereinbarung mit dem Bund sind die Unternehmen nur zu einer 98-prozentigen Versorgung der Haushalte gezwungen. Die bisherigen Resultate der alten Breitband-Initiativen sind teilweise ernüchternd. So sind erst 263 der 2066 Gewerbegebiete mit Gigabit-Anschluss versehen, erst 317 der 2748 Schulen, erst 48 der 165 Krankenhäuser. Die komplette Versorgung ist aber Voraussetzung etwa für den Tablet- und Smartphone-Einsatz im Unterricht oder für die Telemedizin. Was die 100 Digitalprofessuren angeht, erklärte Weil, zwischen Wissenschafts- und Finanzministerium werde derzeit über eine kurzfristige Lösung verhandelt.

20 Millionen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein

Das Fördergeld von rund einer Milliarde Euro, das aus Erlösen der Frequenzen-Versteigerung beim Bund für Niedersachsen erwartet wird, und dazu zunächst rund 300 Millionen Euro Landesmittel gehen an die Kreise und kreisfreien Städte, die dann Verträge mit den Telekommunikationskonzernen abschließen. Das Land will alle Ausbaustandards und -zusagen überwachen – und bleibt dann eine Lücke, sind dafür aus dem Landesetat 20 Millionen Euro reserviert. Der FDP-Wirtschaftsexperte Jörg Bode kritisierte, die 20 Millionen Euro seien „nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“. Der Grünen-Abgeordnete Detlev Schulz-Hendel meinte, der Masterplan beschränke sich „auf wohlklingende Sprechblasen“. DGB-Landeschef Mehrdad Payandeh forderte „mehr Beteiligungsrechte für die Beschäftigten“, da die Digitalisierung die Arbeitsplätze gründlich verändere. Der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall lobte die Regierung für ihren „politischen Mut“, die Ausbauziele mit konkreten Daten zu verbinden. „Daran wird sich die Landesregierung dann eben auch messen lassen müssen. Wenn dieser Wurf gelingt, wäre das eine beispiellose Ausbauoffensive“, erklärte Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt. Die Landesregierung habe jetzt „endlich ein digitales Gesicht“, erklärten die Unternehmerverbände Niedersachsen anerkennend. Helmut Streiff, Präsident der IHK Niedersachsen, forderte die „zügige Umsetzung“ der im Masterplan enthaltenen Schritte.