Stephan Weil mit Christian Lindner und Robert Habeck bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover. | Foto: Staatskanzlei Niedersachsen

Wenn die Gaspreisbremse erst ab März wirken kann, wie bisher von der entsprechenden Fachkommission vorgeschlagen, dann hätten die Gaskunden im Januar und Februar des nächsten Jahres die hohen Kosten zu tragen – oder sie wären damit zumindest mit entsprechenden Rechnungen ihrer Lieferanten belastet. Diesen Zustand halten die Landesregierungen parteiübergreifend für untragbar. „Das versteht niemand mehr“, hatte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz erklärt. Sehr intensiv hatten sich die Ministerpräsidenten dann bei ihrer Jahrestagung in Hannover mit dem Thema auseinandergesetzt, zu längeren Gesprächen trafen sie am Freitag mit den Bundesministern Robert Habeck (Wirtschaft) und Christian Lindner (Finanzen) zusammen.

Anschließend erklärte Habeck, die Gaspreis-Kommission habe einen Vorschlag erarbeitet und werde diesen nun verfeinern. Es seien in diesem Zusammenhang auch schwierige rechtliche Details zu beachten, etwa die Beihilfeproblematik. Sie betrifft das EU-Recht und die Frage, inwieweit der Staat direkte wirtschaftliche Hilfen an bestimmte Empfänger zahlen darf und ob diese Zahlung im Ergebnis eine Wettbewerbsverzerrung auslösen kann. Habeck bat um Verständnis dafür, dass solche Überprüfungen ihre Zeit benötigten. Auch Lindner verwies auf Ausarbeitungen im Detail, die dauerten. Das Ziel der Bundesregierung sei aber, „schon zu Jahresbeginn 2023 sichtbar zu machen, dass der Staat die Bürger bei den Gaspreis-Kosten entlasten will“. Diese Aussage lässt sich so interpretieren, dass die Gaspreisbremse im Januar und Februar womöglich noch nicht wirkt, den Gaskunden aber schon verbindlich eine Unterstützung des Staates für diesen Kostenblock zugesichert wird. Das von Habeck geführte Bundeswirtschaftsministerium werde „die schwierigen technischen und rechtlichen Fragen lösen“, erklärte Lindner.

Kanzler Scholz will Gaspreisbremse früher möglich machen

Am Wochenende sagte Kanzler Olaf Scholz, er werde mit den Energieversorgern sprechen und schauen, ob nicht ein früherer Start der Gaspreisbremse schon zum Jahresbeginn möglich sei. Druck in diese Richtung kam am Wochenende auch noch einmal von Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil. Er verwies auf einige Energieversorger, die signalisiert hätten, schon mit Beginn des neuen Jahres die Vorgaben der Bremse organisatorisch umsetzen zu können. Daneben gebe es andere, die – unter anderem wegen der ermäßigten Mehrwertsteuer – in der Lage seien, die Preisabschläge für die Verbraucher schon zu Januar und Februar 2023 zu vermindern.

Als enttäuschend wurde hingegen von einigen Länder-Regierungschefs der Meinungsaustausch mit Habeck und Lindner in der Ministerpräsidentenkonferenz wahrgenommen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte, die Bundesregierung habe „kein Ergebnis mitteilen können“. „Es ist schade, dass die Lösung dieser Probleme von Sitzung zu Sitzung verschleppt wird“. Was den Gaspreis angehe, sei der Bezugswert (nämlich September 2022) eine falsche Größe, da die damaligen Gasverbräuche wegen des warmen Wetters noch relativ niedrig gewesen seien. Außerdem bemängelte Söder, diejenigen Menschen, die mit Heizöl oder Holzpellets ihre Öfen betreiben, dürften bei den anstehenden Entlastungen nicht vergessen werden. Auch für sie müsse es eine finanzielle Entlastung durch den Bund geben. „Hier haben aber weder Herr Habeck noch Herr Lindner erklärt, wie das geschehen könnte“, sagte der bayerische Ministerpräsident.

Die Regierungschefs der Länder treffen sich in Hannover unter dem Vorsitz von Stephan Weil (vorne, Mitte) zur Ministerpräsidentenkonferenz. | Foto: Staatskanzlei Niedersachsen

Die Ministerpräsidentenkonferenz verständigte sich in der Frage der Gas- und Strompreise weitgehend auf eine gemeinsame Linie gegenüber dem Bund. Das gilt auch für andere Themen:

Sirenen verstärken: Die Länder dringen darauf, das Bundesprogramm zum Ausbau und zur Erneuerung der Sirenenanlage über 2022 hinaus fortzusetzen – denn laut bisherigem Plan läuft die Förderung Ende dieses Jahres aus.

Gaslieferungen koordinieren: Die Länder bitten den Bund, bei der EU auf ein koordiniertes Vorgehen bei der Lieferung von Flüssiggas hinzuwirken.

Schutzschirm für Stadtwerke: Die Länder fordern den Bund auf, einen von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Rettungsschirm für in Schieflage geratene Stadtwerke zu schaffen. Zu einem solchen System könnten auch Bürgschaftshilfen zählen.

Beteiligung der Kommunen an Erneuerbaren: Die Länder fordern den Bund auf, alle rechtlichen Möglichkeiten zugunsten einer Regel zu prüfen, nach der die Kommunen zwingend finanziell am Ausbau von Windkraft und Photovoltaik-Anlagen in ihrem Gebiet beteiligt werden können. Bisher ist das freiwillig geregelt, das reicht den Ländern nicht aus. In einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts sehen sie einen Weg, doch noch eine verpflichtende Beteiligung durchsetzen zu können. Leider zögere der Bund hier bisher aber noch.