von Dr. Susanne Schmitt

(rb) 3. August 2015 – Ausbildungsstart. Zahlreiche Schulabsolventen haben einen aufregenden Tag vor sich: Sie erleben den ersten Tag in ihrem Ausbildungsbetrieb und steigen damit in ihr Berufsleben ein. Die Duale Ausbildung bietet ihnen dafür beste Voraussetzungen: attraktive Berufsbilder und Ausbildungsinhalte, Wertschätzung und Perspektiven. Denn die Azubis von heute sind die dringend benötigten Fachkräfte von morgen. Und die Unternehmen tun viel dafür, junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen, sie zu qualifizieren und an ihren Betrieb zu binden. Doch leider entscheiden sich immer weniger Schulabsolventen für eine Duale Ausbildung. Dieser Schritt war noch vor wenigen Jahren für viele selbstverständlich und ist auch heute noch ein optimaler Grundstein für ein erfolgreiches Berufsleben.

Mittlerweile kann aber schon jedes dritte Unternehmen nicht mehr alle Ausbildungsplätze besetzen; der Andrang an die Unis reißt im Gegenzug nicht ab. Warum ist das so? Nicht wenige Jugendliche merken nach absehbarer Zeit, dass die Entscheidung für das Studium falsch war, um dann wieder am Anfang zu stehen. Wieviel einfacher wäre es, die Duale Ausbildung als das zu sehen, was sie ist: eine gute Wahl für den Einstieg in den Beruf und für viele vielleicht der bessere, weil praktischere Weg. Immerhin würden sich rund 80 Prozent der „fertigen“ Azubis wieder für ihre Ausbildung entscheiden. Und nach der Abschlussprüfung muss nicht Schluss sein mit der Qualifizierung. Wer Karriere machen will, für den gibt es zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten im Betrieb, bei den IHKs und an den Universitäten. Nach einer Ausbildung und drei Jahren Berufserfahrung ist dort auch ohne Abitur ein Studium möglich. Im Übrigen gibt es viele erfolgreiche Menschen, die den Beginn ihrer Karriere mit einer Dualen Ausbildung begonnen haben.

Im europäischen Ausland beneidet man Deutschland um das System der Dualen Ausbildung und die damit verbundenen Kompetenzen und Qualitäten der so Ausgebildeten. Es muss also auch hierzulande noch besser kommuniziert werden, wie attraktiv die Duale Ausbildung ist – auf allen Ebenen. Das fängt mit mehr Berufsorientierung in den Schulen an. Schüler sollten in der Lage sein, am Ende ihrer Schulzeit eine begründete, ihren Interessen, Neigungen und Fähigkeiten entsprechende Berufs- oder Studienwahl zu treffen. Hierfür ist eine strukturierte, im Lehrplan verankerte Berufsorientierung in allen Schulformen notwendig. Die Duale Berufsausbildung sollte auch an den Gymnasien und in der Sekundarstufe II als attraktive Perspektive wahrgenommen werden – von Schülern, Lehrkräften und Eltern. Berufsorientierung muss außerdem ein fester Bestandteil der Lehreraus- und -fortbildung sein. Sie sollte als verbindliche Aufgabe aller Schulen verankert und als solche regelmäßig evaluiert werden.

Aber nicht nur in den Schulen bestehen Ansatzpunkte, auch in den Unternehmen: Sie sind z.B. gefordert, sich noch mehr als bisher Kooperationen mit Schulen zu öffnen. Viele gute Beispiele dafür gibt es bereits, u.a. startup@ school oder „Ausbildungsbotschafter“.

Noch wichtiger ist aber, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und dies auch zu leben. Vor allem für kleine Unternehmen ist eine erfolgreiche Nachwuchssicherung über die Ausbildung oft existenziell. Das setzt voraus, dass die veränderte Marktsituation und die Erwartungen der Bewerber noch besser angenommen werden, als dies vielerorts noch der Fall ist. Im Wettbewerb um Bewerber ist es wichtig, das eigene Ausbildungsangebot ständig weiterzuentwickeln, zu differenzieren und besser zu vermarkten sowie die Ausbilder zu professionalisieren und noch besser zu qualifizieren, aber auch neue Zielgruppen anzusprechen. Oftmals hilft es, Karriereoptionen im Unternehmen und berufliche Perspektiven aufzuzeigen, um die jungen Fachkräfte auch nach der Ausbildung an sich zu binden. Nur wenn alle Akteure gemeinsam an den richtigen Stellschrauben drehen, gelingt es, die Duale Ausbildung in Niedersachsen zu stärken.

(Unsere Gastkommentatorin ist Hauptgeschäftsführerin des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertag NIHK)