Es ist Hochsaison für Kabarettisten und Stammtische, wenn der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdSt) sein Schwarzbuch vorstellt. „Die öffentliche Verschwendung 2023/24“ enthält Stoff zum Aufregen für zahllose Abende. Aber eigentlich ist die Lage ernst, mahnte Bernhard Zentgraf, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen und Bremen, heute vor Journalisten: „Sparsamkeit ist das Gebot der Stunde. Wenn die Finanzlage enger wird, müssen Steuermittel zielgenau und effizient eingesetzt werden.“ Acht Beispiele aus Niedersachsen spießt das Schwarzbuch auf: Solche, die Verwaltungen vermutlich lieber in ihren Akten verschwinden lassen würden, weil hier geschusselt und zu kurz gedacht wurde, und solche, hinter denen politische Entscheidungen stehen – die aber den Kriterien von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht standhalten, die der Bund der Steuerzahler anlegt.

Ein letztes Mal stellte Bernhard Zentgraf nun das Schwarzbuch vor, bald gibt er sein Amt ab. | Foto: Beelte-Altwig

Auf der Elbe zwischen Hamburg und Cuxhaven kam auch noch Pech dazu. Hier wird permanent Schlick ausgebaggert, um den Fluss schiffbar zu halten. „Der Schlick wird inzwischen bis Helgoland transportiert“, erklärt Bernhard Zentgraf. Das macht seit 1978 das Laderaumsaugbaggerschiff „Nordsee“. Schon 2018 hätte die „Nordsee“ eigentlich Verstärkung von einem zweiten Schiff, der „Osteriff“, bekommen sollen. Doch fünf Jahre später ist es immer noch nicht in Sicht, obwohl der Bund bereits 79 Millionen Euro dafür ausgegeben hat. Die beauftragte Werft ist mittlerweile insolvent, was die Steuerzahler weitere 12 Millionen kostet. Das Bundesverkehrsministerium kalkuliert, dass die „Osteriff“ am Ende knapp fünfzig Prozent mehr kosten wird als geplant. Dabei, haben Zentgraf und seine Kollegen recherchiert, gäbe es eine kostengünstigere Alternative zu den riesigen Schiffen, die abwechselnd baggern und dann die weite Fahrt aufs offene Meer machen, um den Schlick abzufahren. Mit kleineren Baggerschiffen, die von reinen Baggergut-Transportschiffen unterstützt werden, ließe sich effizienter arbeiten, meint der Bund der Steuerzahler.



Das von der EU finanzierte Sofortprogramm „Perspektive Innenstadt!“ der Landesregierung konnte die Spar-Lobbyisten ebenfalls nicht überzeugen. Damit sollten die Corona-Folgen für die Innenstädte abgefedert und Zukunftsstrategien gefördert werden. „Wir haben uns mehrere Projekte aus dem Programm angeschaut. Sie haben alle die gleiche Krankheit“, erläutert BdSt-Vorstandsmitglied Jan Vermöhlen: Die Kommunen hatten zu wenig Zeit, sich etwas wirklich Sinnvolles zu überlegen – wurden aber angehalten, das zur Verfügung stehende Geld auszugeben. So gönnte sich manche Kommune mit EU-Geld eine neue Weihnachtsbeleuchtung. Ins Schwarzbuch geschafft hat es ein Beispiel aus Winsen (Luhe): Hier wurde für fast 120.000 Euro eine Citybuslinie eingeführt, die gerade mal einen Kilometer abdeckte. Im Schnitt 2,5 Gäste pro Fahrt nutzten das Angebot – sonnabends noch weniger.

Auch hier wurde nach Meinung der Autoren Steuergeld verschwendet:

Goldener Handschlag in Bovenden: Der Erste Gemeinderat wurde nach 16 Monaten im Amt geschasst. Das wird die Ortschaft rund 470.000 Euro kosten.

Naturschützer siegen in Lüchow-Dannenberg: Der Landkreis hat sich selbst eine Ausnahmegenehmigung erteilt, eine Straße zwischen zwei Schutzgebieten zu bauen. Das scheitert vor Gericht. Erwartete Kosten: fast 600.000 Euro.



Verschusselte Kündigung in der Region Hannover: Mit Altholz hätte man in der Energiekrise viel Geld verdienen können. Da die Region Hannover vergessen hat, einen alten Vertrag zu kündigen, zahlt sie für die Entsorgung sogar noch. Versäumte Erlöse: rund 700.000 Euro

Drei Brücken in Celle: Statt einen Umweg von vier Minuten in Kauf zu nehmen, können sich Radfahrer über drei Brücken auf 600 Metern freuen. Kosten der dritten Brücke: 1,7 Millionen Euro.

Wolfskrankenwagen in der Region Hannover: Mit diesem Gefährt wurde nie ein verwundeter Wolf zum Tierarzt gefahren. Es hat 11.000 Euro gekostet und wird jetzt zur Entsorgung von Tierkadavern genutzt.