Der Goslarer Oberbürgermeister Oliver Junk (CDU) zeigt sich höchst unzufrieden mit der Ankündigung von Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne), den Betroffenen von der jüngsten Hochwasserwelle Ende Juli „schnell und unbürokratisch“ Hilfe zukommen lassen zu wollen. „Meine bisherige Erfahrung sagt: Die Schadensregulierung kommt weder sofort, noch ist sie unbürokratisch“, klagt Junk gegenüber dem Politikjournal Rundblick. In der Stadt Goslar hätten sich 600 Menschen gemeldet, die Hochwasserschäden in ihren Wohnungen, an ihren Häusern oder auf ihren Grundstücken zu beklagen haben. „Etwa 250 von ihnen werden inzwischen richtig ungeduldig, weil wir ihnen jeden Tag erklären müssen, dass es von den Landesbehörden noch keine Klarheit über die Kriterien der Zuschussvergabe gibt“, fügt Junk hinzu. „Dieses Verhalten ist den Betroffenen in meiner Stadt einfach nicht mehr zu vermitteln.“ Das Umweltministerium bittet um Geduld: Die Soforthilfe betreffe nur einen Teilbereich, für weitergehende Hilfen würden derzeit die Förderrichtlinien erarbeitet und zwischen mehreren Behörden abgestimmt. Der Prozess dauere, da auch geprüft werde, ob die Fördersumme von 50 Millionen Euro für alle Anträge ausreicht. Die Förderrichtlinien nach dem Elbehochwasser 2013 seien auch erst nach vier Monaten in Kraft gesetzt worden, erklärt Ministeriumssprecher Rudi Zimmeck gegenüber dem Rundblick.

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Junk erwähnt zunächst die Hilfen für jene, deren Keller überflutet wurden. Zunächst habe die Regierung in Bürgerversammlungen angekündigt, dass es keinen Mindestschaden gebe, der für die Hilfe eine Voraussetzung wäre. Später sei dies dann aber revidiert worden. So sehe die Richtlinie vor, dass das Land mit 1000 bis 2500 Euro zur Seite stehe – allerdings nur, wenn der Mindestschaden 5000 Euro betrage. Da aber beim Hausrat nicht die fest eingebaute Heizung oder der wertvolle Fußboden zu Buche schlage, sondern lediglich bewegliche Gegenstände, würden viele Betroffene den Mindestbetrag gar nicht erreichen. In der Stadt Goslar gebe es 72 Anträge auf Hilfe für den Hausrat – 18 davon seien bisher positiv entschieden worden mit einer Gesamtsumme von 23.500 Euro. Das heiße also 1300 Euro Hilfe für jeden, der einen Schaden von mindestens 5000 Euro nachweisen konnte. „Die Soforthilfe erreicht also nicht wirkungsvoll die Betroffenen“, erklärt dazu der Oberbürgermeister.

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Noch gravierender sind aus Junks Sicht die Schäden an den Gebäuden. Das betrifft Mauern, Zufahrten, Brücken und Treppen. Wegweisungen der Behörden dazu, wie man mit diesem Thema umgehen soll, fehlten aber immer noch. „Durch das Innenministerium wurde unmittelbar nach der Flut angekündigt, dass die Erarbeitung der Richtlinie in maximal vier Wochen zu leisten sein wird. Ich kenne bis heute noch nicht einmal einen Entwurf“, sagt der Oberbürgermeister. Hier sei „akuter Handlungsbedarf“, da es in Goslar eine hohe Anzahl schwer beschädigter Gebäude gebe und etliche Wohnungen unbewohnbar geworden seien. Wenn nun Brücken und Mauern gar nicht erfasst würden, wie er befürchte, so sei das „völlig am Thema vorbei“, sagt Junk. Unklar sei der Umfang und die Ausgestaltung von Hilfen des Landes noch in zwei anderen Bereichen – etliche Betriebe in Goslar hätten größere Schäden, der Betrieb habe ausfallen müssen, Waren in Lagerhallen seien unbrauchbar geworden. Es gehe teilweise um Schäden von mehr als 500.000 Euro, die nicht von den Versicherungen übernommen würden. Außerdem sei die kommunale Infrastruktur vom Wasser beschädigt worden – in Goslar liege der Schaden bei bis zu drei Millionen Euro. Auf eine Mitteilung darüber, wie stark das Land hier unterstützend wirke und welchen kommunalen Eigenanteil die Stadt aufzubringen habe, warte er noch immer. „Das ist nicht so schlimm, am Ende können wir das auch aus dem eigenen Haushalt tragen – aber es dauert eben, bis wir damit anfangen können. Ich kann keine Antwort darauf geben, was mit den beschädigten Vereinsheimen und Sportanlagen geschehen wird“, sagt Junk.

Nach Angaben des Umweltministeriums müssen die Förderrichtlinien für Gebäudeschäden, Agrarflächen, Infrastruktur und Firmen mit mehreren Ministerien abgeklärt werden – Sozial-, Agrar-, Innen- und Wirtschaftsministerium.