Hinter den Kulissen gibt es großen Ärger zwischen Landtagspräsidentin Gabriele Andretta (SPD) und mehreren ihrer vier Stellvertreter. Es geht vordergründig um die Nutzung von Dienstwagen – dahinter aber wird auch erkennbar, dass die Harmonie zwischen Andretta und den Vizepräsidenten nicht besonders ausgeprägt ist. Seit einem halben Jahr nun geht der Streit um die Frage hin und her, nach welchen Regeln die Vizes einen Dienstwagen des Landtags nutzen dürfen.

In den vergangenen 20 Jahren wurde das sehr großzügig gehandhabt. Vor ein paar Wochen aber hat Landtagsdirektor Udo Winkelmann mit Rückendeckung von Andretta die Rechtsvorschriften überprüft und eine sehr restriktive Vorgabe erlassen: Vizepräsidenten dürfen nur dann einen Dienstwagen des Landtags bestellen, wenn sie Termine in Vertretung der Landtagspräsidentin übernehmen. Wenn sie das darüber hinaus noch für ihre eigenen Veranstaltungen tun wollen, müsste der Landtag zuvor das Abgeordnetengesetz ändern.

Nutzen die Landtagsvizepräsidenten ihre Dienstwagen zu häufig? – Foto [M]: razihusin / Landtag Nds., Focke Strangmann

Dieser Winkelmann-Erlass hat die Stimmung im Landtagspräsidium offenbar noch weiter angeheizt. Von „schlechtem Stil“ ist intern die Rede, andererseits aber auch von einer Anspruchshaltung der Vizepräsidenten, die nicht mehr zeitgemäß sei. Wie ist das alles entstanden? Frank Oesterhelweg (CDU) ist der einzige der vier Vizepräsidenten, der sich öffentlich äußert. Sowohl Petra Emmerich-Kopatsch (SPD), Meta Janssen-Kucz (Grüne) also auch Bernd Busemann (CDU) lehnen einen Kommentar zu den Vorgängen ab.

Oesterhelweg hat im November einen Brief an Andretta aufgesetzt, in dem er auf Mängel hinweist. Seit Jahrzehnten habe es keine Probleme gegeben, wenn ein Vizepräsident den Dienstwagen habe nutzen wollen – ursprünglich habe es vier Fahrer gegeben, sodass in den vergangenen Wahlperioden jeder Vizepräsident problemlos habe ein Auto ordern können. Nach der Landtagswahl 2017 aber war einer der Fahrer pensioniert worden, ein anderer war dauerhaft krank, ein weiterer fiel aus – so stehen derzeit nur noch zwei Fahrer zur Verfügung, obwohl die Zahl der Vizepräsidenten 2017 von drei auf vier erhöht wurde. Da ein Fahrer ständig für die Landtagspräsidentin auf Abruf bereit sein müsse, bleibe noch ein einziger für alle Vizepräsidenten.

Deshalb habe man, so schildert Oesterhelweg, schon auf den Fahrdienst der Landesregierung zurückgreifen müssen, der auch an seine Grenzen gerate. Im November schlug der CDU-Politiker vor, Andretta möge doch die Organisation ändern und jedem Vizepräsidenten – wie früher – einen persönlichen Fahrer zur Verfügung stellen. Es gehe ja auch darum, der protokollarischen Stellung und den Aufgaben der Vizepräsidenten gerecht zu werden.

Fahrdienst kommt an seine Grenzen

Die Bitte von Oesterhelweg löste dann Nachforschungen der Landtagsverwaltung aus. Landtagsdirektor Winkelmann sagt auf Rundblick-Anfrage: „Wir haben die Forderung überprüft und festgestellt, dass die gegenwärtige Praxis vom Gesetz nicht abgedeckt wird.“ Nach dem Abgeordnetengesetz habe jeder Abgeordnete gleiche Rechte – und für Sonderaufgaben wie die der Vizepräsidenten sei eine höhere Entschädigung ausdrücklich vorgesehen.

Dass daneben noch die Nutzung von Dienstwagen für politische Termine der Vizepräsidenten möglich sei, stehe nicht im Gesetz. Dort müsse es aber festgelegt werden, wenn alles nach Recht und Gesetz laufen solle. Winkelmanns Anregung, das Abgeordnetengesetz zu ändern und den Anspruch der Vizepräsidenten dort hineinzuschreiben, wurde bisher von keiner Landtagsfraktion aufgegriffen. Dafür folgte intern eine Klarstellung der Landtagsverwaltung: Dienstwagen dürften von den Vizepräsidenten nur für Termine beansprucht werden, in denen sie ausdrücklich die Landtagspräsidentin vertreten, etwa als Redner auf Veranstaltungen.

Dienstwagen dürften von den Vizepräsidenten nur für Termine beansprucht werden, in denen sie ausdrücklich die Landtagspräsidentin vertreten.

Doch die Erwartung, mit der Zeit würde sich die Debatte beruhigen, trat nicht ein. Die Spannungen, heißt es, hätten in den vergangenen Wochen noch zugenommen. Während Andretta intern betone, sie beharre auf rechtlich eindeutigen Grundlagen und lasse keine „Kumpanei“ zu, sehen sich einige Vizepräsidenten – wohl nicht nur Oesterhelweg – von der Landtagspräsidentin nicht ausreichend beachtet und gewürdigt.

„Ich bin doch die ganze Zeit Vizepräsident und nehme repräsentative Aufgaben nicht nur dann wahr, wenn die Landtagspräsidentin mal keine Zeit hat“, betont Oesterhelweg auf Rundblick-Anfrage. Gleichzeitig fügt er hinzu, es gehe ihm nicht um Statussymbole. „Ich bin groß und falle sowieso auf, ich brauche keinen Dienstwagen für mein Ego.“ Um ein Auftreten, das der Würde des Amtes eines Vizepräsidenten entspreche, gehe es ihm allerdings schon. Die eigenen Termine, die ein Vizepräsident als solcher annehme und nicht nur in Vertretung für die Präsidentin, hätten doch auch ihren Wert und müssten respektiert werden.

Eine Lösung in dem Konflikt ist nicht absehbar. Es heißt, dass die Stimmung im Landtagspräsidium gerade auf einem Tiefpunkt angekommen sei. (kw)