Der Kandidat der CDU für die Oberbürgermeisterwahlen in Hannover Ende Oktober, der parteilose frühere Manager Eckhard Scholz (55), verspricht einen „spannenden Wahlkampf“. Er wundere sich, wie wenig die Landeshauptstadt in den vergangenen zehn Jahren der Hochkonjunktur an Einnahmen zurückgelegt oder für kluge Dinge investiert habe, sagt Scholz beim Besuch der Redaktion des Politikjournals Rundblick.

Eckhard Scholz beim Besuch der Rundblick-Redaktion – Foto: SG

Rundblick: Sie waren früher Manager bei Volkswagen, sogar Vorstandschef von VW-Nutzfahrzeuge in Hannover-Stöcken. Jetzt kandidieren Sie in der Politik – inwieweit unterscheiden sich diese beiden Welten?

Scholz: Da gibt es schon erhebliche Unterschiede zur Arbeit in einem Unternehmen. In der Politik kommt es auf die ständige Überzeugungsarbeit an – und in unserem Team tue ich das mit der täglichen freundlichen Ansprache. Ich bin im ständigen Austausch mit meinen Leuten, wir reden über neue Ideen, neue Gedanken, alternative Herangehensweisen. Das macht mir richtig viel Spaß. Natürlich ist das Budget, das mir in der Politik zur Verfügung steht, ein ganz anderes als das eines Wirtschaftsführers. Der große Vorteil ist: In einer kleinen Mannschaft kann man die Gedanken sehr schnell umsetzen – aber man fordert von den Leuten auch viel mehr Einsatz. Der große Anteil Ehrenamtlicher im Team beeindruckt mich.

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Rundblick: Wie nehmen Sie die Konkurrenz wahr, vor allem Grüne und SPD?

Scholz: Die Grünen werden versuchen, vom Rückenwind, der ihnen ein Super-Ergebnis bei der Europawahl eingetragen hat, zu profitieren. Die SPD wird mit allem, was sie zu bieten hat, die bislang immer sichere Bastion Hannover verteidigen wollen. Alles, was bei den Sozialdemokraten Rang und Namen hat, wird sich für diese Wahl engagieren. Glauben Sie nur nicht, dass mich das in irgendeiner Weise einschüchtern wird. Ich gehe meinen Weg und werde meine Ideen für die Stadt präsentieren. In diesem Wahlkampf wird noch viel Musik stecken.

Hannover ist lebenswert und liebenswert, aber Hannover strahlt nicht.

Rundblick: Spielt die Rathaus-Affäre in Ihrem Wahlkampf eine große Rolle?

Scholz: Eine Rolle spielt die Frage, wie gut die bisherige Führung der Stadtverwaltung die Herausforderungen gemeistert hat. Da muss ich mich schon wundern. Wir erleben jetzt zehn Jahre in Folge eine Hochkonjunktur, die Stadt verbuchte ständig traumhafte Steuereinnahmen. Aber wie steht die Landeshauptstadt nun da? Hannover ist lebenswert und liebenswert, aber Hannover strahlt nicht. Die Stadt schafft gerade mal so einen ausgeglichenen Haushalt. Immer noch sind viele Schulgebäude längst nicht so saniert, wie es eigentlich erforderlich ist. Sollte ich zum Oberbürgermeister gewählt werden, werde ich mir den Etat der Stadt sehr gründlich und kritisch anschauen müssen. Hat es eine Aufgabenkritik gegeben? Sind manche Ausgaben vermeidbar? Muss man jahrzehntelang gewohnte Verhaltensweisen überprüfen? Wenn man mir dann antwortet, bestimmte Ausgabenposten seien „gebunden“, dann wird mich das nicht zufrieden stellen. Ich will wissen, wie diese gebunden sind, welche gesetzlichen Verpflichtungen, Abmachungen und Vereinbarungen dem zugrunde liegen. Ich habe einen unglaublich langen Atem, solche Fragen zu stellen.

Rundblick: Reden Sie jetzt nicht die Stadt schlecht?

Scholz: Ganz im Gegenteil. Hannover ist großartig, hat aber eine bessere politische Führung verdient. Womöglich erleben wir hier die Auswirkungen einer politischen Monokultur als Folge der Tatsache, dass über sieben Jahrzehnte eine Partei das Sagen hier hatte. Dann werden bestimmte Dinge, die man eigentlich überprüfen und vielleicht verändern müsste, gar nicht mehr zum Thema, man lässt viele Sachen einfach weiter so geschehen, wie es bisher war. Das reicht mir nicht. Wir brauchen einen positiven Geist im Rathaus – und mehr Mut zu kreativen Entscheidungen auf der Ebene, auf der die Fachleute sitzen. Nicht jeder Vorgang muss vom Dezernenten abgezeichnet werden – der Dezernent soll vielmehr führen, das ist seine Aufgabe. Und eine Vision für Hannover, das ist eine Aufgabe, an der alle zusammen arbeiten müssen, auch der Oberbürgermeister.

Ich bin für eine Verdreifachung der Investitionen in den Radverkehr. Wir brauchen mehr Angebote – und wir müssen mehr für die Sicherheit der Radfahrer tun.

Rundblick: Und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Scholz: Als ich nach Hannover kam und mich ummelden wollte, musste ich erst online einen Termin buchen, dann ins Amt kommen, eine Bescheinigung mitbringen und auf meinen Ausweis die neue Adresse aufkleben lassen. Idealerweise müsste ich das alles zuhause am Bildschirm erledigen können – zügig und ohne Behördenbesuch. So gibt es viele Vorgänge, die viel einfacher und zügiger zu erledigen wären. Andere Städte wie Mainz oder Düsseldorf sind hier viel, viel weiter als Hannover. Bauanträge werden in München sechsmal so schnell abgearbeitet wie hier. Ich möchte aber betonen: Mein klares Bekenntnis für eine entschiedene Digitalisierung der Verwaltung steht ausdrücklich nicht unter der Überschrift „Personalabbau“.

Rundblick: Als ehemaliger VW-Manager ist die Verkehrspolitik sicher ihr großes Thema…

Scholz: So ist es. Ich bin für eine Verdreifachung der Investitionen in den Radverkehr. Wir brauchen mehr Angebote – und wir müssen mehr für die Sicherheit der Radfahrer tun. Der ÖPNV stagniert seit drei Jahren, die Fahrgastzahlen steigen nicht. Weil wir aber zu viel Autoverkehr in der Innenstadt haben, brauchen wir – mit Einbeziehung des Einzelhandels – ein Konzept. Wenn man mehr Car-Sharing-Angebote nutzt und bessere Park-and-Ride-Plätze, kann es gelingen, die Pendler zur Nutzung von Bussen und Bahnen zu bewegen. Dafür müssen die Preise erschwinglich werden, sie sind bisher zu hoch. Und wir brauchen auf den Parkplätzen genügend Ladestationen für E-Autos, denn von denen wird es in Zukunft viel mehr geben als heute.

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Rundblick: Wie kurbeln Sie den sozialen Wohnungsbau an?

Scholz: Drei Forderungen dazu: Erstens muss über Bauanträge schneller entschieden werden. Es besteht Planungsrecht für tausende Wohnungen, das umgesetzt werden muss. Zweitens müssen wir prüfen, wie wir in der Stadt eine „intelligente Verdichtung“ hinbekommen, etwa eine attraktive Bebauung von Baulücken. Grünanlagen schließe ich hiervon ausdrücklich aus. Drittens läuft jedes Jahr die Sozialbindung für bis zu 700 Sozialwohnungen aus – ich schlage vor, mit den Eigentümern über eine Verlängerung der Bindung zu verhandeln. Das wird nicht kostenfrei zu machen sein, aber wir sollten darüber reden.