Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) möchte sogenannte „Kettenbewährungen“ im deutschen Strafrecht eindämmen. In Zukunft soll es dann nicht mehr so einfach möglich sein, dass Straftäter mehrere Bewährungsstrafen nacheinander verbüßen. Dazu kommt es bislang noch, wenn ein Täter während einer Bewährungsstrafe erneut straffällig wird und diese Strafe dann auch ausgesetzt wird. „Straftaten führen nicht selten zu Bewährungsstrafen, obwohl der Täter bereits mehrfach unter Bewährung stand“, sagt Havliza dem Politikjournal Rundblick. Die Ministerin möchte eine solche Aneinanderreihung nun deutlich begrenzen. Damit soll zum einen die Akzeptanz für das Justizsystem in der Bevölkerung erhöht werden. Es geht ihr aber auch darum, die Bedeutung einer Bewährungsstrafe für die Verurteilten zu erhöhen. „Das kann man den meisten Menschen kaum erklären. Viel wichtiger ist jedoch, dass den Verurteilten klar sein muss, dass eine erneute Straftat die Haft zur Folge hat.“

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Gemeinsam mit ihren Kollegen aus den CDU-geführten Justizministerien in Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt wird Havliza am morgigen Donnerstag dieses Thema auf die Tagesordnung der Justizministerkonferenz setzen. Das Bundesjustizministerium soll dazu aufgefordert werden, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Anlass dafür ist auch eine Studie zu rückfällig gewordenen Straftätern, die das Bundesjustizministerium bereits 2016 veröffentlicht hat. Daraus geht hervor, dass im Untersuchungszeitraum bei etwa einem Fünftel der Bewährungsstrafen eine Wiederholungstat folgte.  Bei mehr als der Hälfte der Fälle wurden diese dann auch nur mit einer Bewährungsstrafe geahndet. Aus Sicht der Justizministerin ist die aktuell geltende Regelung problematisch. Wenn es etwa in der letzten Eskalationsstufe dann dazu komme, dass mehrere Bewährungen zeitgleich widerrufen werden, müsse ein Täter unter Umständen auf einen Schlag eine enorm lange Haftstrafe absitzen. Die Gesetzesänderung soll nun dazu führen, dass schon zu einem früheren Zeitpunkt eingelenkt wird. Eine kurze Haftstrafe soll dann wie ein Warnschuss wirken. Die Justizministerin erklärt, eine dahingehende Änderung im Strafgesetzbuch entspreche „nicht nur einer konsequenten Strafverfolgung, sondern hilft auch, Wiederholungstaten zu reduzieren.“

Bislang ist die „Kettenbewährung“ rechtlich möglich, da bei jedem Strafprozess die Voraussetzung der Strafaussetzung erneut geprüft wird. In Paragraph 56 des Strafgesetzbuchs (StGB) ist geregelt, dass das Gericht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr aussetzt, wenn erwartet wird, dass die Verurteilung an sich schon eine ausreichende Warnung ist. Einen Spielraum hat das Gericht noch bei Haftstrafen bis zu zwei Jahren. Bislang gibt es aber noch keine gesetzliche Regelung, die eine erneute Bewährungsstrafe explizit ausschließt. Mit der Gesetzesänderung soll eine Aneinanderreihung von Bewährungsstrafen zwar nicht ausgeschlossen aber weniger wahrscheinlich werden. Der Vorschlag der CDU-Justizminister sieht nun eine kleine aber feine Änderung des Paragraphen 56 StGB vor. In Zukunft soll es nur noch dann eine erneute Bewährungsstrafe geben, wenn das Gericht von einer „hohen Wahrscheinlichkeit“ ausgeht, dass der Verurteilte auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Bislang war in der Rechtsprechung an dieser Stelle von einer „hinreichenden“ oder „überwiegenden“ Wahrscheinlichkeit die Rede. Diese Verschärfung in der Formulierung soll dazu führen, dass sich Zweifel stärker zu Lasten der Angeklagten auswirken. Einen vergleichbaren Passus sieht etwa das Strafgesetzbuch der Schweiz vor. Dort heißt es, wenn ein „Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt“ wurde, sei ein Aufschub nur bei besonders günstigen Umständen möglich.