Die jüngste Steuerschätzung, deren regionalisiertes Ergebnis jetzt vorliegt, stimmt den niedersächsischen Finanzminister Gerald Heere (Grüne) nachdenklich. „Es ist noch Geld da, mit dem wir uns das Pflichtprogramm leisten können. Immer dann, wenn es um neue politische Prioritäten geht, müssen wir aber die nötigen Mittel dafür durch Umschichtungen im Haushalt ermöglichen“, sagte der Minister bei der Vorstellung der Schätzergebnisse. Diese sehen auf den ersten Blick gar nicht so beunruhigend aus. In diesem Jahr fehlen demnach gegenüber dem Plan 79 Millionen Euro. Heere meint aber, man könne „mit den Einnahmen hinkommen“, da im bisherigen Jahresverlauf die im Etat angenommenen Steuerflüsse wohl übertroffen werden können.

Im nächsten Jahr, für das gerade der Entwurf des Haushaltsplans in der Landesregierung besprochen wird, geht das Finanzministerium von einer Mindereinnahme gegenüber der Steuerschätzung von Oktober 2023 in Höhe von 23 Millionen Euro aus. Eigentlich läge der Betrag um 82 Millionen Euro höher, doch er schrumpft, weil wegen der Steuermindereinnahmen auch die Überweisungen des Landes in den Kommunalen Finanzausgleich geringer werden. Nun sind 23 Millionen Euro in einem 40-Milliarden-Euro-Haushalt verkraftbar. Heere sieht das Problem nun eher mittelfristig, wie er sagt: Nach der aktuellen Steuerschätzung sinken die Einnahmen gegenüber der Oktober-Schätzung im Jahr 2026 um 166 Millionen, im Jahr 2027 um 100 Millionen und im Jahr 2028 um 268 Millionen Euro.

Finanzminister Gerald Heere (Grüne) meint, man könne „mit den Einnahmen hinkommen“. | Foto: Wallbaum

Dieser Ausblick auf die Jahre 2027 und 2028 ist nun laut Heere kritisch. In der mittelfristigen Planung sei der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2027 nur gelungen, da man schon die in den vergangenen Jahren angehäufte Rücklage von 500 Millionen Euro eingesetzt habe. „Und die Rechnung für 2028 werden wir vermutlich nur hinbekommen können, wenn wir die Überschüsse aus dem Haushaltsabschluss für 2023 in die Rücklage packen und diese dann im Etat für 2028 einsetzen.“ Auf die Frage, ob er als Finanzminister angesichts dieser Engpässe nicht die Notbremse ziehen und auf ein striktes Spar- und Konsolidierungsprogramm drängen müsste, antwortete Heere mit „nein“. Natürlich sei die aktuelle Lage angesichts der verringerten Wachstumserwartungen schwierig. Dies müsse aber „kein Dauerzustand sein“, und er hoffe schon auf ein erneutes Ansteigen der Wachstumserwartungen.

Was den Personaletat angehe, bestünden die größten Ausgabeblöcke aus denen für Lehrer und Polizisten. „Niemand fordert dort Einsparungen, es wäre ja auch der totale Wahnsinn.“ Noch keine Angabe hat Heere zu der Frage gemacht, in welcher Größenordnung 2025 die „Konjunkturkomponente“ greifen wird – also das gesetzlich verbürgte Recht, wegen des nachlassenden Wirtschaftswachstums ausnahmsweise doch in einem bestimmten Rahmen neue Schulden aufnehmen zu können. Die sinkende Wachstumsprognose löst das in jedem Fall aus, in welchem Umfang aber, ist noch nicht ganz klar.

In den zurückliegenden Wochen hatten mehrere Minister schon angedeutet, was sie sich für den Etat 2025 vorstellen können. So erklärte Wirtschaftsminister Olaf Lies, er könne sich eine Verstetigung der Mittel für sozialen Wohnungsbau vorstellen, indem jährlich ein bestimmter Betrag – 2024 waren es 100 Millionen Euro – hinzukommt. Der SPD-Justizexperte UIf Prange sagte jüngst, es gebe „gute Kontakte“ für einen Erfolg der Rufe nach weiteren Stellen für Richter und Staatsanwälte. Sozialminister Andreas Philippi teilte unlängst mit, er habe 36 neue Stellen für die Gewerbeaufsichtsämter für den Etat 2025 angemeldet.

Nach der jüngsten Steuerschätzung sagte gestern der SPD-Finanzpolitiker Philipp Raulfs: „Die Mindereinnahmen stellen uns im Haushalt vor Herausforderungen: Zwar müssen wir nicht kürzen, aber weiterhin klar priorisieren. Zukunftsweisende Projekte und politische Akzente wie zuletzt der Breitbandausbau oder das A-13-Gehalt für Lehrkräfte müssen und sollen weiterhin möglich sein.“ Der DGB-Vorsitzende Mehrdad Payandeh sagte: „Was aber auf keinen Fall passieren darf: Dass Einschnitte an den Ausgaben vorgenommen werden. Darunter leiden nicht nur die Menschen jetzt, sondern auch die folgende Generation erbt die Probleme.“ Andreas Hoffmann (Grüne) meinte: „Die Erklärung unseres Finanzministers Gerald Heere, dass wir durch gute Planung und Vorsorge dennoch keine harten Sparrunden zu befürchten haben, beruhigt.“ Ulf Thiele von der CDU erklärte: „SPD und Grüne geben die Steuergelder lieber für Personalkosten aus und füllen die Rücklage für das Landtagswahljahr auf, als klug zu investieren. Die sinkenden Steuereinnahmen sind die Konsequenz aus dieser verfehlten Politik.“