Die Niedersachsen zieht es wieder aufs Land. Es werde wieder mehr Suburbanisierung geben, sagte Michael Kiesewetter, Vorstandsvorsitzender der N-Bank, am Montag bei der Vorstellung des aktuellen Wohnungsmarktberichts auf einer Pressekonferenz in Hannover. Die Entwicklung sei auch darauf zurückzuführen, dass das Angebot aktuell nicht zur Nachfrage passe. „Deshalb geht es wieder in die Vorstädte und in die ländlichen Kreise. Gerade Familien suchen in der Gründungsphase bezahlbaren Wohnraum und finden ihn in den Zentren nur schwer“, erklärte Kiesewetter.

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Dem Bericht zufolge sind vor allem Standorte in Pendeldistanz zur Arbeit und einer guten Anbindung an überregionale Verkehrswege beliebt. Man müsse beim Wohnungsbau den Fokus auf ganz Niedersachsen richten und nicht allein auf die großen Städte, machte Bauminister Olaf Lies deutlich. Für den Zuzug in ländliche Regionen müsse die Lebensqualität dort gestärkt werden. „Dafür brauchen wir dort Bedingungen, die mit urbanen Räumen vergleichbar sind. Wenn man im ländlichen Raum den Eindruck hat, abgehängt zu sein, dann ist das unattraktiv.“

Mehr Attraktivität für ländliche Regionen

Lies sieht dabei unter anderem die Notwendigkeit, in die Digitalisierung zu investieren. „Wenn wir jetzt bei der 5G-Versteigerung sechs Milliarden Euro eingenommen haben, dann müssen wir morgen eine Versteigerung starten, um die weißen Flächen zu schließen.“ Die weißen Flecke seien ein Makel, der nicht mehr nur für junge Menschen eine Rolle spiele. Auch beim öffentlichen Personennahverkehr, der ärztlichen Versorgung und dem Einzelhandel vor Ort müsse der Staat die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. „Jetzt laufen wir in eine Phase, in der sich ländliche Räume positiv entwickeln. Das ist aber kein Selbstläufer. Wir müssen diese Entwicklung nachhaltig fixieren“, so Lies.

https://soundcloud.com/user-385595761/hohe-mieten-treiben-die-niedersachsen-wieder-aufs-land

Der Bericht zum Wohnungsmarkt enthält Prognosen bis zum Jahr 2040. Demnach gibt es bis zum Jahr 2025 einen besonders großen Druck, Wohnungen zu bauen. Bis zum Jahr 2033 folgt eine Phase der Stagnation, die dann eine Schrumpfungsphase übergeht. Bis zum Jahr 2040 dürfte die Zahl der Einwohner in Niedersachsen von aktuell knapp acht Millionen auf 7,6 Millionen sinken. Dennoch ist im Moment die Wohnungssituation massiv angespannt. In Hannover gibt es dem Bericht zufolge einen jährlichen Bedarf an 2400 Geschosswohnungen, in Braunschweig sind es 770, in Oldenburg 645. Das führt zu deutlich höheren Preisen.

Bei Neubauwohnungen gibt es häufig ein Mietniveau von über zehn Euro pro Quadratmeter. Das ist für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen nicht mehr tragbar.

Kiesewetter sprach von erheblichen Verwerfungen bei Eigenheimen und deutlichen Steigerungen bei den Mieten. „Bei Neubauwohnungen gibt es häufig ein Mietniveau von über zehn Euro pro Quadratmeter. Das ist für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen nicht mehr tragbar“, so der N-Bank-Vorstandsvorsitzende. Er hält die Entwicklung vor allem deshalb problematisch, weil die Zahl der Empfänger von Transferleistungen in den vergangenen Jahren weiter gestiegen ist. Immer mehr Senioren mit wenig Rente bekämen eine Grundsicherung, zugleich gebe es immer weniger Sozialwohnungen. Da fehle es an Balance.

Die niedersächsische Bauordnung ist sehr komplex und unübersichtlich. Vieles wird von Bauamt zu Bauamt unterschiedlich gehandhabt.

Positiv sieht Kiesewetter, dass sich inzwischen auch wieder private Investoren für den sozialen Wohnungsbau interessierten. Ein Drittel der Förder-Interessenten käme aus dem privaten Bereich. Das sei auch dringend nötig, weil Genossenschaften und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften die Lücken gar nicht alleine füllen könnten. Susanne Schmitt, Direktorin beim Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen, betonte, es lägen bereits Anträge im Wert von 200 Millionen Euro bei der N-Bank. Die Bauunternehmen seien bereit.


Lesen Sie auch:

Wohnungswirtschaft wünscht sich Sozial-Kontingent für den Wohnungsbau


Noch mehr Wohnungen könnten Schmitt zufolge entstehen, wenn Genehmigungsverfahren vereinfacht würden. „Die niedersächsische Bauordnung ist sehr komplex und unübersichtlich. Vieles wird von Bauamt zu Bauamt unterschiedlich gehandhabt.“ Immer wieder wüssten Architekten nicht so recht, wie sie eigentlich korrekt planen sollten. In vielen Kommunen fehle es auch am entsprechenden Bauland und gerade in Mittelzentren immer wieder an der Möglichkeit, Geschosswohnungen zu bauen. „Da ist die Politik in der Pflicht, dass Investoren auf Grundstücken drei, vier oder fünfgeschossig bauen können.“