Die Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN) schlägt ein Gutschein-Modell vor, um beim Breitband-Ausbau schneller voranzukommen. Vorbild ist ein Modell aus Großbritannien. Dort konnten mittelständische Unternehmen in 50 kleinen und mittleren Städten bis zu 4000 Euro Zuschuss bekommen, wenn sie einen Anschluss beantragen oder die Leistung ihres bisherigen Anschlusses verdoppeln, erklärt Susanne Schmitt, Hauptgeschäftsführerin der IHKN, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. „Das kann gerade für kleine und mittlere Unternehmen Anreize bieten. In Großbritannien haben viele Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch eine bessere Internetanbindung erhöht“, so Schmitt. „In Gewerbegebieten konnten Unternehmen ihre Gutscheine bündeln und damit gemeinsam die Infrastruktur verbessern.“ Horst Schrage, ebenfalls IHKN-Hauptgeschäftsführer findet an dem Modell reizvoll, dass es anbieterneutral ist und der Wettbewerb dadurch nicht beeinflusst wird. Hinzu käme, dass der Breitbandbedarf in den nächsten Jahren exponentiell steigen werden. Mit dem Gutschein könne man die Zahlungswilligkeit der Unternehmen für den nötigen Netzausbau unterstützen.

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Zugleich plädiert die IHKN dafür, Startups in Niedersachsen gezielter zu helfen. Schrage zufolge sollten die acht regionalen Startup-Zentren stärker miteinander vernetzt werden. „Wir haben eine sehr interessante Startup-Szene, die allerdings sehr lokal bezogen ist. Deshalb braucht es mehr Zusammenarbeit zwischen den regionalen Förderzentren. Aus dem Zentrum in Hannover braucht es zudem eine bessere Beratung der Startups.“ Die jungen Unternehmen bräuchten fachliche Expertise und Unterstützung, um mit potenziellen Kunden in Kontakt zu kommen. In einer Stellungnahme für den Wirtschaftsausschuss des Landtags schlägt die IHKN zudem vor, Startups mit speziellen Förderprogrammen zu akquirieren und zu unterstützen. Dies sei sinnvoll, weil von Startups überdurchschnittliche Wachstumsimpulse ausgehen könnten. Daher sei eine spezielle Förderung auch aus fiskalischen Gründen verantwortbar. „Wir wollen uns gar nicht mit Berlin vergleichen, wir haben eigene Stärken“, meint Schrage. Es gebe in Niedersachsen durchaus Potenzial. Darüber hinaus sei der Fachkräftemangel noch nicht so extrem wie beispielsweise Berlin oder München.

Enormer Nachholbedarf beim Glasfaserausbau

In der Stellungnahme plädiert die Industrie- und Handelskammer auch dafür, die Glasfasererschließung vorrangig in Gewerbegebieten sowie an Unternehmens- und Gewerbestandorten zu forcieren. Susanne Schmitt zufolge geht es dabei vor allem um den sogenannten FTTH-Ausbau. Die Abkürzung steht für  „Fiber to the home“, also „Glasfaser bis zur Wohnung“. Gerade hier gebe es in Deutschland enormen Nachholbedarf. Es liege im europaweiten Vergleich weit hinten, erklärt Schmitt. In der Stellungnahme beklagt die IHKN auch eine „unzureichende Ausstattung und Ausrichtung vieler Schulen und Berufsschulen“ und sieht darin „eines der größten Hemmnisse in der digitalen Transformation“. Die Schulen benötigten die entsprechende Infrastruktur, die Lehrer die nötigen fachlichen und fachdidaktischen Kenntnisse. „Wir sehen, dass die Berufsbilder digitaler werden. Das muss sich in der Schule wiederfinden. Da reicht nicht nur ein Laptop“, so Schrage. Der neue Beruf des Kaufmanns oder der Kauffrau im E-Commerce sei ohne Breitband gar nicht zu unterrichten. Die Kammer sieht bei Lehrerbildung und Infrastruktur an den Schulen einen besonderen Handlungsdruck.