Im März wird die zwölfköpfige Landtagsfraktion der Grünen ihre Führung neu bestimmen – und momentan ist noch völlig unklar, wohin die Reise gehen wird. Selbst der konkrete zeitliche Fahrplan der Fraktion sei noch Gegenstand von internen Diskussionen, erklärten die Fraktionsvorsitzende Anja Piel und der Parlamentarische Geschäftsführer Helge Limburg am Montag vor Journalisten. Es zeichnet sich nun die folgende Reihenfolge der Entscheidungen ab: Am 4. März tagt der DGB-Bundesausschuss, an diesem Tag dürfte Piel in den vierköpfigen Vorstand des DGB als Nachfolgerin von Annelie Buntenbach gewählt werden. Anschließend wird Piel dann als Fraktionsvorsitzende zurücktreten und ihr Landtagsmandat aufgeben.

Erst drei Wochen später, am 25. März, tagt der Landtag das nächste Mal, erst dann kann das Parlament den Mandatsverlust förmlich feststellen – und der Nachrücker, Volker Bajus aus Osnabrück, wird das Mandat übernehmen. Bajus, ein Diplomsozialwirt, war schon zwischen 2013 und 2017 Grünen-Abgeordneter. Weil bei der Wahl des neuen Vorstandes auch Bajus die Möglichkeit zur Mitwirkung haben soll, er aber erst vom 25. März an in der Fraktion mitarbeiten darf, dürfte die Fraktionsvorstandswahl in einer Fraktionssondersitzung in der Mittagspause des Plenums am 25. März stattfinden. Bis dahin sind es nun noch knapp zwei Monate Zeit.


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Piel geht – kommt Byl, Staudte oder Hamburg?


Bisher haben die Grünen einen vierköpfigen Vorstand – neben der Vorsitzenden Piel die Stellvertreter Miriam Staudte (Lüneburg), Helge Limburg (Hannover) und Christian Meyer (Holzminden). Intern wird über zwei Varianten gesprochen: Variante eins sagt, dass die neue Vorsitzende eine Frau sein soll und weiterhin drei Vize-Vorsitzende agieren, von denen mindestens eine weiblich sein soll. Für diesen Fall wird spekuliert über Miriam Staudte, Julia Hamburg (Hannover) oder Imke Byl (Gifhorn) als Piel-Nachfolgerin. Variante zwei geht von einer Doppelspitze aus, dann hätte die Grünen-Fraktion zwei gleichberechtigte Vorsitzende und zwei Stellvertreter.

Verständigt man sich auf die Doppelspitze, so wird mit einer Kandidatur von Christian Meyer für den männlichen Part gerechnet. Der ehemalige Agrarminister ist jetzt schon jemand, der viele Querschnittsaufgaben von der Innen- über die Umwelt- bis zur Regionalpolitik wahrnimmt und daher ein „Allrounder“ genannt werden kann. Das macht ihn stark, aber er ist intern auch nicht unumstritten. Für die Position der weiblichen Co-Vorsitzenden kämen dann wieder Staudte, Hamburg oder Byl in Betracht.

Dem Parlamentarischen Geschäftsführer Limburg wird nachgesagt, kein Interesse an einen Aufstieg – der eine Vorentscheidung über die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2022 sein dürfte – zu haben. Das gilt auch für den früheren Umweltminister Stefan Wenzel. Er hält sich derzeit Optionen offen, Grünen-OB-Kandidat für Göttingen (Wahl ist im September 2021) oder Grünen-Bundestagskandidat für Göttingen (als Nachfolger eines womöglich ausscheidenden Jürgen Trittin) zu werden. Bajus wäre theoretisch auch ein möglicher Aspirant für Führungsaufgaben, doch als Newcomer in der Fraktion muss er sich vermutlich zunächst hinten anstellen.

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In der Plenarwoche des Landtags, die von Mittwoch bis Freitag dauert, legen die Grünen einen besonderen Wert auf die Gedenkreden zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz – und auf die Erörterung der Frage, wie effektiver gegen rechtsextremistisch motivierte Gewalt vorgegangen werden soll. Es sei ein Fehler, dass die Schwelle, von der an Strafverfolgungsbehörden ein politisches Motiv annehmen, viel zu hoch liege. Bisher werde das noch ausgeschlossen, sobald Täter und Opfer als miteinander bekannt gelten. Limburg sagt, das treffe nicht mehr die Realität, viele Bundesländer seien hier auch schon weiter als Niedersachsen: „Wir haben früher immer gesagt: Wehret den Anfängen! Mittlerweile aber sind rechtsradikal motivierte Angriffe und Hass-Attacken Alltag. Wir haben also längst diese Anfänge – und müssen uns dem Thema anders stellen als bisher.“