Sollen alle Kinder künftig eine Masern-Impfung absolvieren müssen, damit diese Krankheit sich nicht weiter ausbreitet? Eine Sprecherin von Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) sagte jetzt, dass die Ministerin das Impfen befürworte, eine Impfpflicht dagegen sehr skeptisch beurteile. „Eine gesetzliche Verpflichtung würde in die Selbstbestimmung der Menschen eingreifen, deshalb ist ein solcher Schritt sehr sorgfältig abzuwägen. Derzeit sieht die Ministerin dazu keine Veranlassung“, betonte die Sprecherin. Sie schränkte gleichzeitig ein, dass diese Haltung sich wieder ändern könne, wenn die Bedingungen sich wandeln.

In Niedersachsen seien derzeit 53 Menschen an Masern erkrankt. – Foto: guerrieroale

Auch der Präsident des Landesgesundheitsamtes, Matthias Pulz, unterstützte die Position der Landesministerin. Zuletzt hatten sich sowohl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), als auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) für eine Impfpflicht gegen Masern ausgesprochen – sozusagen als Voraussetzung dafür, dass die Kinder zum Besuch eines Kindergartens oder der Schule zugelassen werden.

Sobald es einen Verdachtsfall gibt, können wir binnen eines Tages, oft schon in Stunden feststellen, ob es sich tatsächlich um Masern handelt.

In Niedersachsen sind derzeit nach Angaben von Pulz 53 Menschen an Masern erkrankt. Diese Krankheit gilt als hochansteckend und kann sich später noch in Form von Hirnhautentzündungen weiterentwickeln, die oft tödlich enden. Die regionale Verteilung ist unterschiedlich, besonders häufig ist die Erkrankung im Landkreis Hildesheim aufgetreten, hier zählte man 31 Fälle, davon 29 allein in der Stadt Hildesheim. Im angrenzenden Kreis Peine wurden acht Fälle registriert. Wie Pulz weiter mitteilte, sind die Zahlen „höher als sonst“, zumal Niedersachsen bisher im Ländervergleich eher an unterem Ende gelegen habe. Die Strukturen der Gesundheitsämter seien hierzulande sehr gut aufgestellt. „Sobald es einen Verdachtsfall gibt, können wir binnen eines Tages, oft schon in Stunden feststellen, ob es sich tatsächlich um Masern handelt.“ Der Präsident des Gesundheitsamtes meint, auch er teile die Skepsis gegenüber einer Impfpflicht, würde die Haltung aber wohl ändern, wenn es ständig neue Ausbrüche der Erkrankungen gebe, also eine ungebremste Ausbreitung des Virus festzustellen wäre. Ganz viele Experten hätten eine ähnliche Einschätzung, jüngst hatte auch das Robert-Koch-Institut von einer Pflicht abgeraten.

Brandenburg hat Impfpflicht beschlossen

In Brandenburg ist vor wenigen Tagen eine verpflichtende Impfung gegen Masern in allen Kindergärten beschlossen worden. Dem Antrag im Landtag folgte eine übergroße Mehrheit von SPD, CDU und Linkspartei. In der Debatte wurde zum einen hervorgehoben, dass es in der Impfung gerade in ländlichen Gegenden des weitflächigen Landes Brandenburg zunehmend Lücken gebe. Zum anderen wurde auf die Tradition in der DDR hingewiesen, in der die Impfpflicht – im Unterschied zur Bundesrepublik – sehr streng geregelt war und strikt eingehalten wurde. In der Debatte um dieses Thema wird damit auch ein West-Ost- Unterschied deutlich. So sind ostdeutsche Politiker, etwa die sächsische Gesundheitsministerin, sehr viel schneller für eine solche Pflicht als ihre Kollegen im Westen. Im Kreis Hildesheim wurde an einer Schule, in der vermehrt Masern aufgetreten waren, vorübergehend eine faktische Impfpflicht verhängt: Es durften nur solche Schüler und Lehrer das Gebäude betreten, die eine Impfung nachweisen konnten.


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Unterdessen ist die diesjährige Grippesaison in Niedersachsen so gut wie beendet, erklärte Pulz. 388 Erkrankte wurden im Winter 2018/2019 gezählt, das seien weniger als im Vorjahr, als ein besonders aggressiver Erreger auftrat, gegen den der Impfstoff damals nicht wirkte. Bei 65 Menschen in Niedersachsen wurde in dieser Saison angegeben, dass die Grippe die Todesursache war (gegenüber 104 in der Saison des Vorjahres). Pulz erklärte, dass sich Kassen, Apotheker und Hersteller verständigt hätten, im kommenden Winter die Engpässe beim Grippe-Impfstoff nicht wieder entstehen zu lassen.