Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) sieht beim Cannabis-Gesetz noch deutlichen Nachbesserungsbedarf. Im Anschluss an die Teil-Legalisierung müsse man nun „auf jeden Fall den Gesundheitsschutz und vor allem auch den Jugendschutz intensivieren“, sagte sie im Podcast-Gespräch mit Rundblick-Redakteur Niklas Kleinwächter. Das Cannabis-Gesetz sei in vielerlei Hinsicht „unausgegoren“, so sei beispielsweise die Frage noch ungeklärt, wer die Anbauvereinigungen und den heimischen Anbau kontrollieren solle. „Da, finde ich, hätte man durchaus auch noch warten müssen.“

Justizministerin Kathrin Wahlmann zu Gast im Rundblick-Podcast-Studio. | Foto: Lada

Die im Cannabis-Gesetz enthaltene Amnestieregelung, wonach im Nachhinein strafbare Handlungen wieder straflos gestellt werden, empfinde sie sogar „grundsätzlich schwierig“. Diejenigen, die ihre Strafe bereits verbüßt haben, hätten nun Pech gehabt. Zudem befürchtet die promovierte Juristin, dass die Rechtstreue der Bürger insgesamt durch derartige Schritte geschwächt werde, weil der Bürger nicht mehr sicher sein könne, dass eine strafbare Tat künftig auch noch als strafbar angesehen wird. „Wenn man sich nicht darauf verlassen kann, dass eine Sache auch in Zukunft noch strafbar sein wird, warum sollte man sich dann daran halten?“

Insgesamt fürchte sie, dass durch die Teil-Legalisierung der Eindruck entstehen könne, Cannabis sei ungefährlich. „Das ist aber nicht der Fall. Das ist nach wie vor eine gefährliche Droge.“ Als Strafrichterin habe sie Angeklagte gesehen, die durch frühen Cannabis-Konsum Psychosen entwickelt und damit ihr Leben verdorben hätten, berichtet Wahlmann. Danach gefragt, ob das Beharren der Grünen-Minister im Landeskabinett sie geärgert habe, antwortete die Justizministerin: „Das ist ein Stück weit schon frustrierend.“ Allerdings habe man ein gutes Verhältnis zu den Kabinettskollegen der Grünen, bloß in diesem Punkt sei man eben anderer Meinung und deshalb auch in unterschiedlichen Parteien. Sich selbst verortet die SPD-Politikerin politisch in der Mitte der Gesellschaft, „wobei das dann in der SPD natürlich weiter rechts ist und in der CDU wäre es links“.

Im Podcast-Gespräch schildert die 46-Jährige auch, weshalb sie sich 2017 aus der niedersächsischen Landespolitik zurückgezogen hatte. Von 2013 an hat sie für eine Legislaturperiode im Parlament gesessen, aus familiären Gründen dann aber eine erneute Kandidatur abgelehnt. „Mein Mann und ich haben damals ein zweites Kind bekommen und das war schon ein unglaublicher Kraftakt, von Osnabrück aus immer nach Hannover zu pendeln“, sagte Wahlmann. Sie habe immer nur Zeitdruck verspürt und das Gefühl gehabt, alles zu verpassen.

Kathrin Wahlmann spricht mit Niklas Kleinwächter über die Cannabis-Legalisierung, ihren Vorstoß zur Reform des Strafrahmens und die Widerstandsfähigkeit des Rechtsstaats. | Foto: Lada

Mit der Fragestellung, wie Familie und Politik miteinander zu vereinbaren sind, hat sich Wahlmann anschließend in ihrer Promotion beschäftigt. Dabei hat sie ein Verfahren aufgetan, das verfassungskonform Elternzeit und Abgeordnetenmandat kombinieren soll: „Ein Abgeordneter nimmt ein halbes Jahr Elternzeit und jemand anderes rückt für ein halbes Jahr nach. Und wenn dann der Ursprungsabgeordnete wiederkommt, dann geht der Nachrücker wieder auf den ersten Platz in der Nachrückerliste zurück.“ Umgesetzt wurde das Konzept derweil noch nicht, wozu sich die Ministerin Wahlmann zwar nicht äußern möchte, die SPD-Politikerin aber sagt: „Als Mensch und Politikerin kann ich sagen: Auf jeden Fall sollte da was passieren, weil wir da sehr große Defizite haben. Das sieht man auch daran, dass wir tatsächlich zwar junge Leute haben, aber wenige in dieser Familienphase.“

Im Juni wird Wahlmann Gastgeberin der Justizminister-Konferenz, deren Vorsitz Niedersachsen gerade innehat. Im Podcast-Gespräch berichtet sie, dass es auf ihren Vorstoß zur Reform des Strafrahmens (wir berichteten) zum Zeitpunkt der Aufzeichnung noch wenig Reaktionen von den übrigen Justizministern aber durchaus Zuspruch von den Praktikern gegeben habe. Außerdem berichtete sie, dass die Widerstandsfähigkeit des Rechtsstaats ein Thema der Frühjahrstagung sein wird. Es geht dabei um die Frage, wie beispielsweise das Bundesverfassungsgericht vor einer parteilichen Vereinnahmung geschützt werden könnte. Dazu wollen sich die Justizminister gemeinsam positionieren.