Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) erwartet zeitnah keine Änderung des europarechtlichen Schutzstatus des Wolfes. Eine Ende November vom Europaparlament verabschiedete Resolution, die auf eine entsprechende Überprüfung drängt, habe darauf allein noch keine Auswirkungen, erklärte Meyer in seiner Antwort auf eine „dringliche Anfrage“ der AfD-Fraktion im niedersächsischen Landtag. Der Wolf ist durch EU-Recht streng geschützt. Wollte man dies ändern, müsste seine Art innerhalb des Anhangs der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU von Anhang IV in Anhang V übertragen werden. Die Initiative dazu könnte allerdings nur von der EU-Kommission ausgehen, nicht vom Parlament, und sie bedürfte eines einstimmigen Beschlusses des Rates der EU-Staats- und Regierungschefs. Dies, so denkt Meyer, gilt in dieser Angelegenheit als sehr unwahrscheinlich.

Umweltminister Christian Meyer | Screenshot: NDR

Er geht davon aus, dass man in Brüssel die FFH-Richtlinie höchstens mit spitzen Fingern, aber am liebsten gar nicht anrühren möchte, da ein Kompromiss schwer zu finden sein dürfte. Andere Nationalstaaten verfolgten dabei ganz andere Ziele als Deutschland, ist der niedersächsische Umweltminister überzeugt. Zudem habe kürzlich der Ständige Ausschuss der Berner Konvention, also des 50 Institutionen umfassenden Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume von 1979, eine Änderung des Schutzstatus des Wolfes abgelehnt. Diese Konvention steht nach Auskunft des Umweltministeriums noch oberhalb der EU-Richtlinie, an der sich wiederum das Bundesnaturschutzgesetz und schließlich die niedersächsische Wolfsverordnung zu orientieren haben. Allerdings: Es gibt zwar eine Korrelation zwischen den Regelungen der Berner Konvention und der FFH-Richtlinie, Abweichungen seien jedoch ebenso möglich.

Mit Wolfstötungen betraute Jäger bleiben anonym

Unterdessen äußerten die Abgeordneten von CDU und AfD ihre Bedenken hinsichtlich der neuen Maßgabe des Ministers, Ausnahmegenehmigungen für den Abschuss von Problemwölfen künftig vorab zu veröffentlichen. Minister Meyer hatte am vergangenen Freitag einen entsprechenden Erlass herausgegeben. Uwe Dorendorf (CDU) fragte nun im Landtag, wie die Landesregierung eine Eskalation des Konfliktes und eine Gefährdung der betroffenen Weidetierhalter oder der beauftragten Jäger verhindern wolle. Meyer erklärte, dass die Landesregierung „die Befürchtungen und Ängste natürlich sehr ernst“ nehme. Durch eine Anonymisierung der betroffenen Personen in den Vorab-Veröffentlichungen solle die Sicherheit aber gewährleistet werden. Niedersachsen verhalte sich damit nur EU-konform, weil die Kommission verlange, dass über Ausnahmegenehmigungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz entsprechend Auskünfte erteilt werden.


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Auf die Nachfrage von Alfred Dannenberg (AfD), wie die Landesregierung jene Personen, die von „radikalen Wolfsbefürwortern“ bedroht würden, schützen wolle, verwies Meyer auf die Polizei, die in derartigen Fällen ermittle. Außerdem sagte er, dass es auch in der Vergangenheit schon Entnahmen von Wölfen gegeben habe und nie bekanntgeworden sei, wer die entsprechenden Schützen gewesen seien. „Dass es Bedrohungen gibt, von allen Seiten, das ist schlimm. Deshalb müssen wir uns gemeinsam gegen Hass und Hetze stellen“, erklärte der Minister.

Niedersachsen wird Jagdgesetz nicht wieder ändern

Dass der Wolf in Niedersachsen im Frühjahr vom Parlament in das neue Jagdgesetz aufgenommen wurde, wolle die neue Landesregierung nicht rückgängig machen, unterstrich Meyer ebenfalls auf Anfrage der AfD-Fraktion. Er betonte jedoch noch einmal, dass sich dadurch am rechtlichen Schutz der Tiere nichts geändert habe. Unter- und Obergrenzen lehnt Meyer weiterhin ab, auf Nachfrage dazu antwortete er ausweichend mit Verweis auf die Zuständigkeit von Berlin und Brüssel. Das Land werde aber weiterhin Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss von Wölfen erteilen, bekräftigte Meyer. Ein Moratorium werde es nicht geben, auch der zurückgezogene Widerspruch in dem Rechtsstreit um die Abschusserlaubnis für den Friedburger Rüden sei dafür kein Anzeichen – denn schließlich bleibe eine Entnahmegenehmigung für einen Wolf in der Region Hannover bestehen.



Auf die Frage von Frank Schmädeke (CDU), wie sich Hunde und Hundebesitzer vor Wolfsangriffen schützen sollten, verwies Meyer auf den von der Vorgängerregierung aufgelegten Wolfsmanagementplan. Dieser enthalte auch Verhaltensempfehlungen. Während der CDU-Politiker Dorendorf vor dem Hintergrund eines im Kreis Uelzen von einem Wolf gerissenen Terriers dazwischenrief, dass „Singen und Klatschen“ nicht geholfen habe, sagte Meyer: „Einen hundertprozentigen Schutz gibt es eben nicht.“