Von Martin Brüning

„Rausschmeißen“, tönte es aus der CDU-Landtagsfraktion, als am Mittag eine Handvoll Jugendlicher auf der Besuchertribüne des Landtags versuchte, ein Transparent zu entrollen. So richtig lesen konnte man allerdings nicht, was darauf stand. Denn es gelang dem halben Dutzend nicht, den Stoff richtig zu entrollen, und als das Spruchband halbwegs entfaltet war, hing es auch noch verkehrt herum.

Mehr bekam man im Abgeordnetensaal und auf der Pressetribüne nicht zu sehen, denn da wurden die Jugendlichen schon vom Saaldienst herausgebeten. Sicher ist, dass es auf dem Transparent um den Klimaschutz ging, schließlich stand auf der Tagesordnung gerade die Debatte um das Klimagesetz der Landesregierung.

Mehrere Jugendliche hatten versucht, während der Plenardebatte im Landtag ein Transparent zu entrollen – Foto: MB.

Die Störer traten in Aktion, als die Landtagsabgeordnete der Grünen, Imke Byl, gerade den Entwurf der Landesregierung geißelte. „Sehr viel Prosa, wenig Inhalt“, so fasste sie aus ihrer Sicht den Entwurf der Großen Koalition zusammen. „Ich habe den Gesetzentwurf ausgedruckt, darin geblättert und dachte erst: mein Drucker ist kaputt. Erst da habe ich gemerkt, dass das wirklich alles ist, was Sie bieten“, sagte Byl, was ihr später die Frage des CDU-Abgeordneten Martin Bäumer einbrachte, ob man denn heutzutage wirklich noch alles ausdrucken müsse.

Bäumer hält die Ziele für anspruchsvoll

Für Byl wird der Gesetzentwurf dem Klimavertrag von Paris nicht einmal ansatzweise gerecht, das sei Arbeitsverweigerung von SPD und CDU. Mittel im Haushalt würden lediglich umgeschichtet, insgesamt würde sogar Geld für den Klimaschutz gekürzt.

Ich habe den Gesetzentwurf ausgedruckt, darin geblättert und dachte erst: mein Drucker ist kaputt. Erst da habe ich gemerkt, dass das wirklich alles ist, was Sie bieten.

Byls Analyse des Klimaschutzgesetzes stand diametral im Gegensatz zum Vortrag des energiepolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion, Volker Senftleben, der gebetsmühlenartig wiederholt, dass das ein guter Tag für Niedersachsen sei. „Wir bringen ein rundum stimmiges Paket ein“, sagt Senftleben und spricht von einem wohldurchdachten und alle Sektoren umfassenden Konzept.

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Der CDU-Umweltexperte Martin Bäumer spricht von anspruchsvollen Zielen, die erreichbar seien. Voraussetzung sei, dass es gelingt, Energie effizienter zu nutzen und zu speichern. Bäumer lobt auch den Kompromiss zur Berichtspflicht der Kommunen. Sie sollen dem Entwurf nach ab dem Jahr 2022 alle drei Jahre einen Energiebericht erstellen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. „Das wird die Kommunen motivieren, ohne sie zu überfordern“, meint Bäumer. Für ihn ist Klimaschutz eine Generationenaufgabe, und so bezeichnet er den Gesetzentwurf als „eine Art Generationenvertrag“.

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Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgase im Vergleich zu 1990 in Niedersachsen um 55 Prozent sinken, bis zum Jahr 2050 will das Land komplett auf erneuerbare Energien umsteigen, so steht es um Entwurf, den Umweltminister Olaf Lies ehrgeizig nennt. Bis 2050 soll auch die Landesverwaltung klimaneutral sein.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner fragt sich in der Debatte allerdings, warum dafür extra das Klimagesetz nötig ist. „Das Gesetz ist in der Form mehr oder minder überflüssig. Für Maßnahmenpakete und Ziele braucht man kein Gesetz, das hätte man längst machen können“, sagt Birkner an die Adresse der Landesregierung. Seit dem Regierungsbeginn von Rot-Grün im Jahr 2013 sei allerdings faktisch beim Klimaschutz nichts passiert. Und auch das Klimagesetz bleibe ambitionslos, selbst wenn die Große Koalition von einem großen Wurf spreche.

Birkner übt Kritik am Klimakompetenzzentrum

Scharfe Kritik übt Birkner am geplanten Klimakompetenzzentrum. Es soll dem Entwurf nach die Folgen des Klimawandels untersuchen, bewerten und dokumentieren und vorschlagen, wie Niedersachsen sich anpassen kann. Angedockt werden soll das Zentrum an das Umweltministerium. Birkner spricht von einer „staatlich gelenkten wissenschaftlichen Institution“. Ihr mangele es allerdings an Glaubwürdigkeit. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssten unabhängig generiert werden, sonst liegt der Vorwurf bestimmter Kreise auf der Hand.

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Mit den „bestimmten Kreisen“ meint Birkner die AfD. Deren Abgeordneter Stefan Wirtz bezeichnete den rot-schwarzen Gesetzentwurf als Schaufenster-Antrag. Es gebe allerdings einen Unterschied: „Im Schaufenster hängt normalerweise ein Preisschild dran“, sagt Wirtz. Der Großen Koalition traut Wirtz nicht zu, den Kampf gegen den Klimawandel erfolgreich zu führen. SPD und CDU könnten keine Landesgrenzen schützen und schafften es nicht einmal, einen einzigen Wolf zu erlegen. Für den großen Anspruch der Klimarettung seien die Fähigkeiten der Großen Koalition zu klein.


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