Die SPD/CDU-Koalition plant mit der Novelle der Kommunalverfassung eine entscheidende Änderung: Bürgerentscheide sollen sich künftig nicht mehr auf die Standorte von Krankenhäusern beziehen können. Ein entsprechender Entwurf einer Reform liegt jetzt den Verbänden zur Stellungnahme vor. Damit reagieren Sozial- und Christdemokraten auf mehrere kommunale Reformplanungen für die Auflösung kleiner Kliniken und die Neugründung neuer Einheiten, die es in den vergangenen Jahren an mehreren Orten gegeben hat.


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Häufig hatten solche Debatten Bürgerproteste und Bürgerentscheide zur Folge – beispielsweise in Ostfriesland. Der geplante Neubau eines Zentralklinikums für die kreisfreie Stadt Emden und den Kreis Aurich verzögerte sich beispielsweise um zwei Jahre, weil in einem ersten Bürgerentscheid die Mehrheit in Emden 2017 dagegen war – dann aber 2019 doch dafür. Inzwischen wird von einer erheblichen Baukostensteigerung ausgegangen. Vor wenigen Monaten erst hat die Standortdebatte über einen Krankenhausneubau im Heidekreis eine höchst emotionale Diskussion ausgelöst.

Verfassung regelt bereits Ausnahmen

Schon bisher gibt es in der Kommunalverfassung eine Liste von Themen, die von kommunalen Bürgerentscheiden ausdrücklich ausgenommen sind – das betrifft etwa Planfeststellungsverfahren, förmliche Verwaltungsverfahren oder Mülldeponien und Abfallanlagen, ebenso immissionsschutzrechtliche oder wasserrechtliche Zulassungsverfahren. Auf Vorschlag von SPD und CDU soll nun noch eingefügt werden, dass Angelegenheiten nicht Gegenstand von Bürgerentscheiden werden dürfen, die die Kommune als Träger von Krankenhäusern oder des Rettungsdienstes betreffen. Bebauungsplanungen und Rechtsstreitigkeiten, in die die Kommune verwickelt sind, sind bisher bereits ebenfalls ausgeschlossen – ebenso wie die Haushaltssatzung oder die Jahresabschlüsse der kommunalen Eigenbetriebe.

Noch einen weiteren Punkt will die Koalition in die Kommunalverfassung einarbeiten: Die Kommune soll zu jedem Bürgerbegehren eine Übersicht über die erwarteten Kosten erstellen und diese veröffentlichen. Auch die Folgekosten sollen darin enthalten sein. Falls die Antragsteller des Bürgerbegehrens der Ansicht sind, die von der Kommune erstellte Kostenübersicht sei unzutreffend und übertrieben, können sie auf ihre abweichende Haltung in der Begründung hinweisen. Der Rat oder Kreistag soll zudem von sich aus einen Bürgerentscheid ansetzen können – wenn er mit Zweidrittelmehrheit dafür votiert. Mit diesem Schritt soll die Kommunalvertretung die Chance zu geben, eine Sachfrage dem Volk zur Abstimmung vorzulegen, also eine sogenannten Bürgerbefragung zu organisieren.

Neue Regelung: Gleitzeit für Ratsmitglieder

Eine neue Vorschrift ist auch für die Tätigkeit kommunaler Vertreter vorgesehen. Wie bisher soll in der Kommunalverfassung festgeschrieben werden, dass Ratsmitglieder oder Kreistagsabgeordnete nicht wegen ihrer Mandatstätigkeit gekündigt oder benachteiligt werden dürfen. Ebenfalls steht bereits im Gesetz, dass sie „die für ihre Tätigkeit notwendige freie Zeit“ gewährt bekommen müssen. Neue Bestimmungen sollen jetzt zur gleitenden Arbeitszeit aufgenommen werden. Wenn also jemand nicht freigestellt werden kann, weil seine Arbeitszeiten im Unternehmen nicht klar definiert sind, dann soll er die Summe seiner Tätigkeiten in den Fraktions- und Ausschusssitzungen oder offiziellen Veranstaltungen aufschreiben – und dafür dann eine Arbeitszeitvergütung gewährt bekommen.

Eine wichtige geplante Änderung betrifft auch die Gleichstellungsbeauftragten der Kommune. Sie sollen künftig das Recht erhalten, ein bestimmtes Thema auf die Tagesordnung des Rates oder Kreistages, des Verwaltungs- oder des Hauptausschusses zu setzen. Das soll auch für die Fachausschüsse und die Ortsratssitzungen gelten. In der Begründung für die Novelle der Kommunalverfassung heißt es, damit sollten „die Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung des Mandats in kommunalen Vertretungen verbessert werden“. Weil flexible Arbeitszeitmodelle zunähmen, sei die bisherige Vorschrift zum Freizeitausgleich für die kommunalen Mandatsausübung nicht mehr zeitgemäß gewesen. Auch eine gemeinsame Kreditaufnahme für die Kreise und ihre kreisangehörigen Gemeinden soll mit der Reform ermöglicht werden.