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Die kommunalen Spitzenverbände haben sich über das Sozialministerium beschwert. In einer Anhörung des Landtags-Innenausschusses sagte der Geschäftsführer des Landkreistages (NLT), Joachim Schwind, die Kommunen hätten „massive Probleme bei der Abrechnung der Impfzentren“. Ausdrücklich nehme man das Innenministerium aus der Kritik heraus, zumal die Landräte und Oberbürgermeister von dort sogar Unterstützung bekämen. „Mächtig Kummer“ bereite aber die Kooperation mit dem Sozialministerium.

„Wir haben das Gefühl, dass wir bei einer Krise immer sehr schnell gerufen werden und dann sofort leistungsbereit sein müssen. Aber wenn es später um die Abrechnung geht, häufen sich die Probleme“, erklärte Schwind. Was genau zu Ärger führt und welche Ausgaben der Kommunen das Land nicht erstatten will, führte der NLT-Geschäftsführer nicht weiter aus. Er fügte nur hinzu, dass auch bei der Ukraine-Krise die Kooperation zwischen Kommunen und Land nicht reibungslos verlaufe. „Eine Verwaltungsvereinbarung darüber, wie 190 Millionen Euro aus Bundesmitteln über das Land an die Kommunen vergeben werden, ist immer noch nicht abgeschlossen. Sie bleibt auf der Tagesordnung.“

Der Sprecher von Sozialministerin Daniela Behrens, Oliver Grimm, reagierte irritiert: „Die von Herrn Schwind im Innenausschuss offenbar recht pauschal geäußerte Kritik an der Abrechnung der Impfzentren überrascht uns. Die Abrechnung der Impfzentren geschieht nach klaren Maßgaben – und zur Klärung strittiger Einzelfälle existiert bereits seit Monaten ein gemeinsamer Ausschuss mit den Kommunen. Wir stehen in einem konstanten und intensiven Austausch mit den Kommunen, bisher konnten alle strittigen Fälle auch immer geklärt werden.“


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Der Anlass für den Vortrag der Kommunalverbände im Innenausschuss war die Neufassung des Katastrophenschutzgesetzes, das noch Ende Juni vom Landtag beschlossen werden soll – und jetzt im Eiltempo im Landtag beraten wird. So sehr man die zusätzlichen Ausgaben und die Konkretisierung der Vorschriften begrüße, so wichtig sei es aber auch, an die rechtzeitige Kostenerstattung für die Kommunen zu denken, hob Schwind hervor – und erwähnte die Impfzentren als negatives Beispiel. Er erinnerte daran, dass die Kommunen jahrelang eine stärkere finanzielle Ausstattung des Katastrophenschutzes gefordert hätten, die Politik aber sehr langsam reagiert habe. In der Corona-Krise und später nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sei es aber gelungen, kurzfristig wichtige Regeln etwa zur Freistellung von Rettungskräften zu organisieren. In der Anhörung von Verbänden im Innenausschuss wurde auf verschiedene Probleme hingewiesen:

Dreistufiger Behördenaufbau: Bisher war der Katastrophenschutz Teil der sechs Polizeidirektionen, jetzt wird er herausgenommen und dem neuen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz (NLBK) übertragen. Schwind kritisierte als Vertreter der Kommunen, dass das NLBK auch als Fachaufsicht tätig werden soll. So entstehe wieder ein dreistufiger Aufbau – oben Ministerium, dann NLBK in der Mitte und unten die Kreise. Dabei habe sich der seit 2005 geltende zweistufige Aufbau bewährt. Besser wäre es, so Schwind, wenn das NLBK wie das Laves oder der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz eine rein fachberatende Behörde wäre ohne administrative Aufsichtsrechte. Der Landesfeuerwehrverband warnte, bei drei Hierarchieebenen könne es „Kompetenzgerangel geben“. Das DRK bat, auf „die guten Kontakte zwischen Polizei und Katastrophenschutz“ zu achten, mit der Neuorganisation drohe hier Vertrauen verloren zu gehen.

„Kritische Infrastruktur“: Die Kommunen bitten um Klarstellung: Wenn eine wichtige Behörde oder Fabrik, die zur „kritischen Infrastruktur“ zählt, ihre Vorbereitungen nicht richtig trifft, könne nicht der Landkreis als Katastrophenschutzbehörde in jedem Fall einschreiten. „Wir können nicht in die Abläufe einer Raffinerie eingreifen. Dazu wäre eher das Gewerbeaufsichtsamt in der Lage“, meint Schwind. Reinhold Kassing vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bat darum, nicht nur die Wasser- und Stromversorgung, sondern auch die Abwasser- und Abfallentsorgung als „kritische Infrastruktur“ einzustufen. Nicht klar geregelt sei bisher im Bundes- und Landesrecht, dass etwa auch Müllverbrennungsanlagen, die Energie für Fernwärmenetze produzieren, im Fall einer Gaskrise vorrangig mit Gas versorgt werden müssen. „Das ist leider noch immer Gegenstand einer Abwägung der zuständigen Behörde“, meint Kassing.

Personaleinsatz: Die Hilfsorganisationen DRK, DLRG, Arbeiter-Samariterbund, Malteser und Johanniter bemängeln, dass zwar für Feuerwehrleute eine Vergütung ihrer Einsätze und Fortbildungen geregelt sei, nicht aber für Helfer der Hilfsorganisationen. Lediglich im Katastrophenfall werde die Lohnfortzahlung geregelt, darüber hinaus gebe es nichts. Die „Helfergleichstellung“ fehle. Die Kommunen bemängeln, dass es keine Personalreserve des Landes gebe. So wachse die Gefahr, die wenigen Helfer zu überlasten – oder auch Personal und Material bei akuten Einsätzen wegen einer fehlenden Koordination doppelt zu buchen.