Land und Interessensverbände machen bei neuen bezahlbaren Wohnungen für Niedersachsen Tempo. Bereits am 29. August sollen erste konkrete Vorschläge zur Förderung von Sozialwohnungen auf den Tisch gelegt werden. An diesem Tag trifft sich das „Bündnis für bezahlbares Wohnen“, in dem 30 Verbände, Kammern, Unternehmen und Kommunen an Lösungen arbeiten. Das Umweltministerium teilte auf Nachfrage des Politikjournals Rundblick mit, die neuen Förderbestimmungen sollten dann in einem Erlass umgesetzt werden. Nach 20 Jahren „Nichtwohnungsbau“ sei der Bedarf gerade nach bezahlbarem Wohnraum auch in Niedersachsen groß, heißt es aus dem Ministerium. „Die Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften spielen für mich eine zentrale Rolle“, sagte Umweltminister Olaf Lies. „Wohnen ist Daseinsvorsorge und der Staat darf diese Verantwortung nicht ausschließlich dem freien Spiel des Marktes überlassen.“

Pressekonferenz nach der Gründung des Bündnisses mit Jan Arning, Olaf Lies und Heiner Pott (v.l.n.r.) – Foto: MB.

Heiner Pott, Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VdW) in Niedersachsen, geht davon aus, dass die neuen Förderbestimmungen Anfang 2019 in Kraft sein werden. „Die neue Wohnraumförderung hat auch die größte Priorität, weil die Förderung bisher zu wenig abgerufen wurde. Die Investoren haben sich zurückgehalten, weil es sich einfach nicht gerechnet hat“, sagte Pott im Gespräch mit dem Rundblick. Mit der aktuellen Förderstruktur könne man vielleicht noch in Gebieten mit bis zu 2500 Euro Baukosten pro Quadratmeter bauen. Aber zum Beispiel in Ballungszentren lägen die Kosten schon bei 4000 Euro und zum Teil auch noch höher. Pott mahnt aber an, bereits heute finanziell weiter in die Zukunft zu schauen. Bei einer Anhebung der Förderbeträge sei nur noch bis zum Jahr 2020 genügend Geld da. „Es ist ein Lackmustest für die Landesregierung, ob sie im nächsten Haushalt die notwendigen Mittel bereitstellen wird. Eine bessere Förderarchitektur ist gut, es braucht aber auch die entsprechende finanzielle Ausstattung. Ansonsten sind die Ziele nicht erreichbar.“ Das hätten die Bündnispartner der Landesregierung auch deutlich gemacht. Lies‘ Ziel lautet, bis zum Jahr 2030 neue 40.000 Sozialwohnungen zu bauen. VdW-Direktor Pott bezeichnet die Lage als dramatisch, weil immer mehr Sozialwohnungen aus der Bindung fallen. „Gleichzeitig schaffen wir es nicht einmal, durch Neubau die wegfallenden Wohnungen zahlenmäßig zu ersetzen. Und unabhängig davon gibt es auch noch einen riesigen Bedarf.“


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Für Jan Arning, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages (NST), ist wichtig, dass in einer neuen Förderarchitektur stärker regionalisiert wird. Auf Inseln wie Norderney könne man zum Beispiel mit der aktuellen Förderung wenig anfangen, weil sowohl Baukosten als auch Mieten viel höher lägen. Dem Land müsse aber klar sein, dass eine attraktivere Wohnraumförderung auch Geld kosten werde. „Da muss das Land auch die Mittel bereitstellen, um das zu finanzieren.“ In anderen Punkten sind Arning zufolge noch dicke Bretter zu bohren. So ließen sich zum Beispiel DIN-Normen nicht innerhalb weniger Monate regeln, weil schließlich auch Gesetzesänderungen damit verbunden seien. An der Festsetzung von Stellplätzen seitens des Landes will man in Ballungsräumen beim NST zunächst festhalten. „So ein Stellplatz kostet 5000 Euro. Eine Abschaffung wäre nicht die große Entlastung“, meint Arning, der auch weiterhin genügend Stellplätze für nötig hält. Das sei auch bei einer Nachverdichtung der Städte wichtig. „Die völlig autofreie Familie gibt es in der Regel noch nicht. Und das Auto muss am Ende irgendwo parken.“ Deshalb sollte es weiter eine Vorgabe des Landes geben, die einen bestimmten Rahmen setze. Für die Kommune sei es wichtig, sich auf eine Rechtsgrundlage beziehen zu können, so Arning.

Für den Bauindustrieverband Niedersachsen ist es wichtig, dass auch bei den Punkten abseits der Wohnungsbauförderung zügig Fortschritte erzielt werden. Nur ein Bündel von Maßnahmen könne zum Erfolg führen, meint Hauptgeschäftsführer Jörn P. Makko. „Wir müssen auch über die Anforderungen und technischen Standards an den bezahlbaren Wohnbau reden. Dies gilt auch beim Schallschutz und der Barrierefreiheit“, meint Makko. Darüber hinaus erlebe man immer wieder, dass gestalterische Auflagen zu Kostensteigerungen führen können. Als Beispiel nannte er das Projekt Wasserstadt in Hannover. Dort sollen Wohnungen für bis zu 3500 Menschen gebaut werden. „Dort wurden selbst Farbe und Beschaffenheit von Gehwegplatten vorgeschrieben. Das führt zu mehr Aufwand und höheren Kosten. Fraglich ist, ob das immer sein muss“, betont Makko.