Auf Angehörige von Verstorbenen könnten bald deutlich größere finanzielle Belastungen zukommen. Ein Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums sieht vor, dass Ärzte für die Leichenschau künftig 166 Euro plus Zuschläge verlangen könnten. Ziel des Ministeriums ist es, die Gebührenordnung zum kommenden Jahr anzupassen. Bisher werden für eine Leichenschau in Niedersachsen zumeist etwa 50 Euro fällig. Die Gebührenordnung dazu ist seit den 90er Jahren nicht mehr angepasst worden.

Sterben wird teurer: Für die ärztliche Leichenschau ist demnächst voraussichtlich das Dreifache fällig – Foto: sweetandsour, Getty Images

Bis vor gut 15 Jahren wurden die Kosten für die Leichenschau noch über das Sterbegeld der gesetzlichen Kassen kompensiert. Inzwischen müssen aber schon lange die Erben des Verstorbenen die Kosten tragen. Kommt der Vorschlag aus dem Bundesgesundheitsministerium durch Bundestag und Bundesrat, dürften sich die Kosten für die Angehörigen mehr als verdreifachen. Das Ministerium rechnet bundesweit mit Mehrkosten von fast 80 Millionen Euro pro Jahr. Nicht immer zahlen Angehörige für Bestattung und Leichenschau. Deshalb rechnet das Ministerium auch bei Städten und Gemeinden mit Mehrkosten von rund 3,3 Millionen Euro.

FDP fordert qualifizierte Leichenschau

Die Ärztekammer Niedersachsen hat die Landesregierung derweil dazu aufgefordert, die geplante Änderung der Gebührenordnung im Bundesrat zu unterstützen. Ziel sei, dass die ärztliche Leichenschau „endlich angemessen vergütet wird“, hieß es seitens der Kammer.

Der Sozialausschuss des Landtags habe bereits 2006 in einem schriftlichen Bericht zu einem Gesetzentwurf festgestellt, dass die vergüteten Beiträge für die Durchführung einer Leichenschau nach der Gebührenordnung für Ärzte „recht gering“ seien, sagte Ärztekammer-Präsidentin Martina Wenker. „Die Gebühren sind mehr als ein Jahrzehnt später aber immer noch nicht angehoben worden. Dabei wird das Ungleichgewicht noch dadurch vergrößert, dass die Novelle des niedersächsischen Bestattungsgesetzes im vorigen Juni die Anforderungen an eine ärztliche Leichenschau und den mit ihr verbundenen Aufwand noch einmal geschärft hat.“ In einer Resolution forderte die Kammerversammlung, dass „die Landesregierung den Anstoß für eine Gebührenanpassung auf eine angemessene Höhe gibt“.

Die Zweituntersuchung im Krematorium ist völlig unsinnig, weil man längere Zeit nach dem Eintreten des Todes kaum noch Einzelheiten zur Todesursache feststellen kann.

Auch der Landtag wird sich im Mai auf Antrag der FDP-Fraktion voraussichtlich mit dem Thema Leichenschau befassen. Dem FDP-Abgeordneten Marco Genthe geht es dabei allerdings weniger um die Vergütung der Ärzte als vielmehr um die Qualität. Bisher gibt es in Niedersachsen nach dem Tod eines Menschen eine Leichenschau, die häufig von einem Arzt durchgeführt wird, der damit wenig Routine hat. Eine zweite Leichenschau ist nur vorgesehen, wenn der Leichnam verbrannt werden soll. „Die Zweituntersuchung im Krematorium ist allerdings völlig unsinnig, weil man längere Zeit nach dem Eintreten des Todes kaum noch Einzelheiten zur Todesursache feststellen kann“, sagt Genthe im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

Der FDP-Politiker fordert die Einführung einer qualifizierten Leichenschau. Zum einen müssten Todesfeststellung und Leichenschau durch ein Vier-Augen-Prinzip voneinander getrennt werden. Zum anderen brauche es spezielle Experten, die den Leichnam spätestens 24 Stunden nach Todeseintritt begutachten. Nur innerhalb dieses Zeitraums sei eine Zweituntersuchung sinnvoll. Genthe plädiert für einen „Leichenschaudienst“ mit speziell geschulten Ärzten, wie es ihn in einem Pilotprojekt im Delmenhorster Stadtkrankenhaus bereits gibt.

Todesbescheinigungen selten fehlerfrei

Der FDP-Abgeordnete verweist auf Studien, wonach in Deutschland jedes Jahr 1000 Tötungsdelikte übersehen werden. In einer Studie der Universität Rostock wurden Todesbescheinigungen untersucht, die zwischen 2012 und 2017 ausgestellt wurden. Das Ergebnis: Sie waren nur selten fehlerfrei. Es gehe nicht allein darum, im Nachhinein zuvor unentdeckten Tötungsdelikte auf die Spur zu kommen, erklärt Genthe. Durch die qualifizierte Leichenschau könne auch mehr über Todesursachen oder auch Fehlmedikationen herausgefunden werden. Das würde wiederum der medizinischen Forschung helfen und könne die Versorgung von Patienten verbessern.