Was geschieht in den Städten, die besonders begehrte Zuzugsorte von Flüchtlingen sind? Die Kommunalverbände haben wiederholt nach besonderen Hilfen des Landes gerufen. Nach Informationen des Politikjournals Rundblick wird an einem solchen Programm jetzt „in den letzten Zügen“ gearbeitet, in den nächsten Tagen könnten diese Prüfungen abgeschlossen sein und die Ergebnisse vorgestellt werden. Es heißt, die Landesregierung wolle 20 Millionen Euro bereitstellen – zehn Millionen in diesem und zehn Millionen im nächsten Jahr. Da diese Summe nicht besonders groß sind, werden vermutlich nur die besonders von Zuwanderung betroffenen Städte bedacht werden – das sind zunächst Salzgitter, etwas weniger stark dann Wilhelmshaven und Delmenhorst. Salzgitter hat mehr als 5000 Flüchtlinge bei einer Einwohnerzahl von 106.000. Eine „syrische Community“ drohe sich herauszubilden, klagte Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) schon im vergangenen Jahr – und schrieb einen besorgten Brief an den Ministerpräsidenten. Salzgitter ist deshalb ein so beliebtes Ziel für Flüchtlinge, die ihr Anerkennungsverfahren durchlaufen haben, weil dort günstige alte Werkwohnungen stehen, noch rund 3000 davon sollen leer stehen und zu einer niedrigen Miete angeboten werden.

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Kommunalpolitiker sehen hier nun das Problem einer Ghetto-Bildung, wenn sich syrische Familien in bestimmten Wohngebieten konzentrieren und ihre eigene Sprache, die eigenen Gewohnheiten und Verhaltensweisen prägen. Eine Integration werde so erschwert. In Wilhelmshaven und Delmenhorst gibt es ebenfalls Angebote an günstigen Wohnungen, obwohl der Zuzug von Flüchtlingen hier geringer ausgeprägt ist als in Salzgitter. Diskutiert wird auch über eine „Wohnsitzauflage“, die es in unterschiedlichen Ausprägungen gibt. Länder wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben sie angewandt, um Flüchtlinge nach der Aufnahmeprozedur zu verteilen. Sie bekamen für die ersten drei Jahre einen Wohnsitz zugewiesen, sofern sie noch Empfänger staatlicher Sozialleistungen sind. Niedersachsen verzichtete auf eine solche Regelung, die auch in Einzelfällen, wie Urteile zeigen, von betroffenen Flüchtlingen erfolgreich juristisch angefochten werden kann. In NRW erklärten die Kommunen aber, positive Erfahrungen damit gesammelt zu haben. Da die Zeit der großen Flüchtlingsströme vorüber ist, wird mit Blick auf Salzgitter nun von einer „negativen Wohnsitzauflage“ gesprochen. Auch diese ist juristisch nicht unproblematisch. Sie sieht vor, dass man zuzugswilligen Flüchtlingen verwehren kann, in Salzgitter eine Wohnung zu mieten. Bevor eine solche Regelung greifen könnte, müsste aber die Landesregierung das beschließen. Gerade bei den Grünen jedoch gibt es große Vorbehalte. Auch Ministerpräsident Stephan Weil soll Skepsis gezeigt haben, weil ein Zuzugsverbot für Flüchtlinge Salzgitters Image negativ prägen könnte.

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Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Hubert Meyer, spricht sich klar für eine Wohnsitzauflage aus – „auch als ein Signal“, wie er im Gespräch mit dem Rundblick betont. Der Staat müsse zeigen, dass er den Anspruch auf eine Steuerung der Flüchtlingsströme und die Vermeidung einer drohenden Ghettobildung nicht aufgebe. Unterdessen bleibt unklar, was Salzgitter, Delmenhorst und Wilhelmshaven mit zusammen 20 Millionen Euro anfangen könnten, um damit einem starken Anwachsen der Flüchtlingszahlen entgegenwirken zu können. Gerade in Salzgitter wird die Lage wegen zurückgehender Gewerbesteuereinnahmen verschärft. Oberbürgermeister Klingebiel hatte erklärt, zehn Millionen Euro für neue Krippen- und Kindergartengruppen zu benötigen, die allein wegen der vielen Flüchtlingskinder nötig würden. Denkbar wäre auch, mit finanziellen Anreizen die Ballung von Flüchtlingen in bestimmten Wohngegenden zu entzerren – indem man Mietern anbietet, in andere Wohnungen, die in anderen Stadtteilen gelegen sind, umzuziehen.