Der Landesrechnungshof, die unabhängige Prüfbehörde des Landes mit Sitz in Hildesheim, hat im neuesten Jahresbericht eine Fülle an Mängeln und Fehlern aufgeführt. Dabei geht es um Versäumnisse in der Krankenhausplanung, Nachholbedarf bei der Digitalisierung in der Verwaltung, mögliche Veränderungen bei Abschiebungen und um Stiftungsprofessuren. Ein Schwerpunkt ist in diesem Jahr die Inklusion in den Schulen.

Inklusion: Vor fünf Jahren startete in Niedersachsen die Inklusion, der gemeinsame Schulunterricht für behinderte und nicht behinderte Kinder. Die Bilanz, die der Rechnungshof nun zieht, fällt nicht freundlich aus. Die Hälfte aller Schüler, die dafür in Frage kommen, besuchen inklusiven Unterricht – die anderen gehen noch in die Förderschulen. Das Bild ist regional stark unterschiedlich, es schwankt zwischen 27 Prozent Inklusion (Stadt Osnabrück) und 81 Prozent (Kreis Gifhorn). Geringere Zahlen werden eher im Nordwesten verzeichnet, höhere im Norden und teilweise im Osten. Viele Gründe könne es geben, sagen Rechnungshofpräsidentin Sandra von Klaeden und Senator Hermann Palm. Manchmal wirkten gut funktionierende Förderschulen, die viele Eltern als attraktiv empfänden, oft werde von Lehrern auch zu- oder abgeraten, was Inklusion angeht.

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Der Rechnungshof hat auch noch andere ungleiche Verteilungen festgestellt: Nur 0,5 Prozent der behinderten Schüler gehen an ein Gymnasium, 1,6 Prozent an Realschulen und 6,3 Prozent an Integrierte Gesamtschulen – aber 14,6 Prozent an die Hauptschulen. Von Klaeden sieht die Gefahr, dass die Hauptschule zur „neuen Förderschule“ mutieren könnte. Palm meint, dass die Inklusion „keinen Gleichklang“ zeige, was auch daran liege, dass die Bildungspolitik vom Kultusministerium im Lande „nicht koordiniert und gesteuert“ werde. Mehrere Vorschläge zur Kostensenkung hat der Rechnungshof parat. Das aufwendige System zur Feststellung des „sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs“ mit Begutachtungen könne vereinfacht werden, es verursache derzeit Kosten von 40 Millionen Euro jährlich.

Festgestellt wurde zudem, dass die Kosten für die Förderung behinderter Schüler enorm angestiegen sind – unter anderem wegen der komplizierten Systeme. Für Grundschulkinder mit Förderbedarf bei Lernen und Sprache werden pauschal zwei Stunden Zusatzunterricht je Klasse erteilt, nach Klasse vier gibt es jedoch eine individuelle Stundenzuweisung, die im Ergebnis sehr viel höher liegt. Hier könne man auch pauschale Zuweisungen je Klasse regeln, meint der Rechnungshof. Die jetzige Regel habe dazu geführt, dass die Personalkosten für den inklusiven Unterricht sich zwischen 2013 und 2017 auf 139 Millionen Euro verzehnfacht hätten.

Außerdem rügt der Rechnungshof, dass das parallele System von inklusivem Unterricht und Fortexistenz der Förderschulen zu hohen Mehrausgaben führt. Wenn man alle Förderschulen für Sprache und Lernen abschaffen würde, hätte man laut Rechnungshof 400 Millionen Euro jährlich übrig.

Krankenhausplanung: 40 Prozent der Patienten in Bremer Krankenhäusern, jährlich 80.000 Menschen, kommen aus Niedersachsen, aber die Planung auf niedersächsischer Seite nimmt darauf keine Rücksicht. Dabei könnte eine Zusammenarbeit dazu führen, dass kleine und veraltete Kliniken schneller identifiziert und geschlossen werden könnten. Anfang 2015 vereinbarten beide Landesregierung hier eine Kooperation, die aber bisher nicht umgesetzt sei – weil vor allem der Bremer Senat bremste. Das Sozialministerium erklärte, dass auch viele kleine Krankenhäuser im Bremer Umland gut ausgelastet seien, außerdem finde eine Kooperation tatsächlich statt.


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Abschiebungen: Viele Landkreise hätten einen größeren Bedarf an Unterstützung vom Innenministerium. Die Kosten der Abschiebungen seien im Übrigen nicht transparent. Offiziell gebe das Land 900.000 Euro an, nach Ansicht des Rechnungshofs sind es aber tatsächlich etwa 5,7 Millionen Euro.

Stiftungsprofessuren: An vielen Hochschulen werden Stiftungsprofessoren tätig – doch die Grundlage dafür ist unzureichend, oft werden Verträge nur mündlich festgelegt und nicht fixiert. Das Risiko sei hoch, dass am Ende die Hochschulen auf den Kosten sitzen bleiben, wenn die Stiftungssumme für die Finanzierung nicht ausreichen sollte.

Digitale Verwaltung: Die Ausstattung der Landesverwaltung mit Informationstechnik läuft nicht optimal. Der Vorteil der geringeren Kosten bei höherer Stückzahl werde oft nicht genutzt, weil in den Rahmenvereinbarungen zu niedrige Mengenangaben vermerkt seien.

Landesbetriebe: In mehreren Landesbetrieben vermisst der Rechnungshof betriebswirtschaftlichen Sachverstand und fordert eine Überprüfung. Beim Betrieb IT.Niedersachsen hätten sich etwa seit Jahren Fehlbeträge aufgetürmt. Die Justizvollzugsarbeitsverwaltung sei schwer vom Justizvollzug abgrenzbar, der Landesbetrieb Wasserwirtschaft und Küstenschutz brauche ebenso wie der Landesbetrieb Geoinformation und Landentwicklung zu hohe Zuweisungen des Landes, um den Etat ausgleichen zu können.

Bahnhöfe: Das Land habe 52,2 Millionen Euro für die Modernisierung von 31 Personenbahnhöfen investiert, sie wurden seit 2010 erneuert. Bis heute habe die Bahn aber die Verwendungsnachweise zur Überprüfung noch nicht vorgelegt.

Gewerbegebiete: Die Investitions- und Förderbank habe die Erschließung und Erweiterung von Gewerbegebieten gefördert – obwohl in einigen Fällen die bestehenden Gebiete erst zum kleinen Teil belegt waren. (kw)