Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) drängt auf grundsätzliche Änderungen beim Breitbandausbau in ländlichen Gegenden. „Es ist ein Fehler gewesen, diese Aufgabe dem Markt zu überlassen. In der Praxis gibt es jede Menge Verzögerungen und Probleme“, sagt Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. NLT-Präsident Bernhard Reuter, Landrat des Kreises Göttingen, ergänzt: „In vielen Fällen verzweifeln die Kommunalpolitiker, weil sich ständig Förderbedingungen ändern und ein großer bürokratischer Aufwand betrieben werden muss.“ Der Landkreistag fordert deshalb von der Bundesregierung, die Zuständigkeit den Ländern zu übertragen. „Der Bundesgesetzgeber muss hier für eine Klarstellung sorgen“, betont Meyer.

Nach Ansicht des NLT gibt es vor allem zwei Probleme: Erstens müsse es ständig Rückkopplungen zwischen Kommune, Land und Bund geben, zweitens könnten private Unternehmen wie Telekom oder Ewetel zu stark in die kommunalen Planungen eingreifen. Wenn sich etwa ein Landkreis entscheide, den Ausbau der letzten Strecke bis zum Verbraucher in die eigene Hand zu nehmen, löse das oft bei den Telekommunikationsunternehmen plötzliche Aktivität aus – allerdings oft nur zu Gunsten von stärker besiedelten Gegenden. Das wiederum habe Folgen auf die Förderprogramme und stelle die kommunalen Kalkulationen auf den Kopf. „Wir befürworten daher eine zwei- bis dreijährige Schonzeit, in der Kommunen auf eigene Faust vorgehen können“, erklärt Meyer. Dies sei aus Sicht des Landkreistages auch ohne Änderung des Grundgesetzes möglich. Der gegenwärtige Zustand führe mancherorts zu kuriosen Entwicklungen. So habe sich der Landkreis Northeim, sagt Reuter, schon vor anderthalb Jahren für ein Förderprogramm entschieden, bis heute aber wegen der ungeklärten Details noch keine Ausschreibung starten können. Der Kreis Hameln-Pyrmont habe einen Förderbescheid über 15 Millionen Euro zurückgegeben, weil bei Annahme die Gefahr bestanden hätte, dass das Geld nicht im vorgegebenen Rahmen ausgegeben wird.

Die Förderung der kommunalen Infrastruktur ist ein wichtiger Teil der „Kernforderungen“, die das Präsidium des Landkreistages am gestrigen Donnerstag beschlossen hat. Außerdem tauchen dort noch mehrere andere Punkte auf: Die Verbundquote, mit der die Beteiligung der Kommunen an den Landes-Steuereinnahmen festgelegt wird, solle angehoben werden. Die Landesregierung solle einen höheren Anteil an den Personalkosten in Kindergärten und -krippen tragen, ein hochwertiges Angebot an Berufsschulen auch in ländlichen Gegenden sichern, zur achtjährigen Wahlperiode von Bürgermeistern und Landräten zurückkehren (derzeit fünf Jahre) und die Aufwandsentschädigung für kommunale Ehrenämter komplett von der Steuerpflicht zu befreien. Das Wahlsystem für die Besetzung kommunaler Ausschüsse solle von Hare-Niemeyer auf d’Hondt umgestellt werden – denn derzeit würden die kleinen Gruppierungen in Räten und Kreistagen zu sehr bei der Sitzverteilung begünstigt.

Der NLT tritt zudem dafür ein, alle staatlichen Genehmigungen für Infrastrukturentscheidungen in einer Behörde zu bündeln, Landesaufgaben weitgehend an die Kommunen zu übertragen und die Umweltbehörden finanziell besser auszustatten. Außerdem wirbt der Landkreistag für eine Stärkung des ÖPNV auf dem Lande und eine intensivere Regionalpolitik. Landeszuschüsse seien sinnvoll, damit etwa der Busverkehr für die Menschen erschwinglicher werde. „In Berlin kostet ein Tagesticket für die S-Bahn fünf Euro, wenn man aber von Walkenried in die Kreisstadt Göttingen kommen will, muss man 25 Euro zahlen. Das könnte man ändern“, berichtet Reuter. Förderprogramme seien denkbar, damit mehr junge Familien sich entschließen, ein Haus in einer dünnbesiedelten Gegend zu kaufen.