Von Martin Brüning

Carsharing, E-Autos und Taxis mit alternativen Antrieben: Während im niedersächsischen Landtag am Donnerstag über die Zukunft der Mobilität gesprochen wird, fährt hinter den Fenstern des Parlaments die Gegenwart vorbei. Taxis dieseln, Lastwagen drängeln, Autobesitzer suchen mit ihren Fahrzeugen nach Parkplätzen.

Während statistisch auf jeden Deutschen noch immer über 0,5 Autos kommen, liegt die Zahl der Carsharing-Autos im Promillebereich. Allerdings steigen die Zahlen. Fast zweieinhalb Millionen Nutzer gibt es inzwischen, fast 17 Prozent mehr als im Vorjahr. In Niedersachsen kommt das Carsharing vor allem in Göttingen gut an. Dort kommen laut Bundesverband Carsharing 1,25 Fahrzeuge auf 1000 Einwohner, bundesweit steht Göttingen damit auf dem siebten Platz. Die nächste niedersächsische Stadt im Bundesranking folgt auf Rang 17: Es ist Hannover mit 0,64 Fahrzeugen auf 1000 Einwohner.

Ein Carsharing-Auto könne Studien zufolge bis zu 20 private Autos zu ersetzen, erklärt der Sprecher für Wirtschaft und Verkehr der Grünen-Fraktion, Detlev Schulz-Hendel – Foto: Foto: taikrixel

Die Große Koalition in Niedersachsen will dem Trend zum Teilen eines Autos ein wenig nachhelfen. „Carsharing spart Stadtraum, den wir nicht nur zum Wohnen, sondern auch für neue Mobilitätsangebote wie E-Bikes oder die neuen E-Scooter brauchen, sagt die SPD-Abgeordnete Thordies Hanisch. Auch Oliver Schatta von der CDU plädiert dafür, den Kommunen beim Carsharing ein großes Maß an Handlungsspielraum zu geben. Sie sollen Flächen für Sondernutzung ausweisen und Anträge möglichst bürokratiearm bearbeiten können.

Für Menschen, die in Stadtteilen mit hohem Parkdruck wohnen ist es hochattraktiv, auf Carsharing umzusteigen.

Mit großer Mehrheit beschlossen die Abgeordneten gestern eine Entschließung, in der die Landesregierung dazu aufgefordert wird, neue Bundesregelungen für Carsharing auch im Land umzusetzen. Dabei geht es unter anderem darum, beim Carsharing auch ehrenamtliche Vereine zu berücksichtigen oder zur prüfen, wie Carsharing-Stationen in den öffentlichen Raum besser einbezogen werden können. Das findet auch bei den Grünen Applaus. Ein Carsharing-Auto könne Studien zufolge bis zu 20 private Autos zu ersetzen, erklärt der Sprecher für Wirtschaft und Verkehr der Grünen-Fraktion, Detlev Schulz-Hendel.

Es sei klug, den Straßenraum neu zu verteilen. „Für Menschen, die in Stadtteilen mit hohem Parkdruck wohnen ist es hochattraktiv, auf Carsharing umzusteigen.“ Deshalb stiegen auch die Nutzerzahlen gerade in den Ballungszentren. Bei FDP und AfD kam die Entschließung dagegen weniger gut an. So würden Carsharing-Stationen den Parkraum weiter verknappen, meinte der AfD-Abgeordnete Stefan Henze.

 Mehrheit sieht Landesförderung für E-Taxis skeptisch

Während die breite Mehrheit mehr Carsharing unterstützt, wurde die Forderung von Grünen und FDP nach einer Landesförderung für E-Taxis eher skeptisch gesehen. Schließlich gebe es bereits eine Bundesförderung, meinte zum Beispiel Frank Henning von der SPD. Für FDP-Fraktionsvize Jörg Bode taugt diese Förderung aber nicht viel, ist zu kompliziert und rechnet sich nicht. Der Förderantrag für zwei E-Taxen in Hannover sei 13 Monate lang bearbeitet worden. Erst dann bekamen die Antragssteller zumindest Bescheid, dass sie gefördert werden sollen.

Darüber hinaus bekämen die Taxen mit den Förderungen die Kosten, zum Beispiel für den Netzanschluss, gar nicht refinanziert. „Das Programm funktioniert nicht“, bilanzierte Bode. Er rief das Land dazu auf, innovativer zu denken. „Wo könnte das Thema induktive Ladung denn besser ausprobiert werden als am Taxistand? Ein bisschen mehr Tempo würde ich mir bei der Großen Koalition an dieser Stelle doch wünschen.“

Auch Schulz-Hendel wies darauf hin, dass Taxen eine wichtige Rolle bei der Daseinsvorsorge spielten. Die aktuelle Förderpraxis zeige, dass die Bundesprogramme nicht ausreichend auf die Struktur der Taxibranche zugeschnitten seien. „Eine große Anzahl an Unternehmen kann gar nicht in den Genuss der E-Taxis kommen. Gerade kleine Betriebe bleiben bei Investitionen auf Summen sitzen, die sie gar nicht stemmen können.“

Schulz-Hendel hofft auch, dass alternativ angetriebene Taxis eine Vorbildfunktion einnehmen könnten. „Sie können dazu beitragen, die Vorbehalte gegenüber der neuen Antriebstechnik abzubauen und so zu ihrer Verbreitung beizutragen. Wer in ein E-Taxis steigt, vielleicht sogar mit dem Taxi-Fahrer über die Praxistauglichkeit seines Wagens spricht, der hat selbst erlebt, wie sich das anfühlt und weiß anschließend, dass Elektromobilität im Alltag auch wirklich funktioniert.

Die Tür für eine Landesförderung bleibt leicht geöffnet

Eindeutig ablehnen wollten SPD und CDU die Idee einer E-Taxiförderung noch nicht. Nur zwei vom Bund geförderte E-Taxis in der Landeshauptstadt, in der deutlich über 600 Taxis unterwegs sind, lassen durchaus Zweifel an dem Programm aufkommen. „Ob es mit Blick auf das Taxigewerbe eines Landesförderprogramms bedarf, müsse noch einmal genau erörtert werden, blieb Wirtschaftsminister Bernd Althusmann im Ungefähren. Es gebe bereits zwei Bundesprogramme. „Und wir wissen, dass sich die derzeitigen Anschaffungskosten betriebswirtschaftlich bereits rechnen.“ Das Land werde in erster Linie in die Ladeinfrastruktur investieren müssen. Man wolle aber offen an die Frage eines Landesanteils herangehen. Die Tür bleibt also leicht geöffnet.