Im Untersuchungsausschuss zur Vergabeaffäre hat Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies die Verantwortung für alle Details in den Abläufen zurückgewiesen. „Ich trage die Verantwortung für das Haus und das Personal, das ich eingestellt habe. Deshalb trage ich jetzt die Verantwortung dafür, dass die Dinge korrigiert und verbessert werden.“ Lies wies darauf hin, dass er die Staatsekretärin entlassen und den Pressesprecher des Ministeriums abgeordnet habe. Zudem habe er Strukturen geschaffen, die Fehlverhalten wie bei den Vergabepannen in Zukunft unmöglich machten. Ob es Disziplinarverfahren geben wird, werde derzeit noch geprüft.

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Im Ausschuss berichtete Lies umfangreich über die einzelnen Pannen in verschiedenen Vergabeverfahren. Dabei wies er im Fall der Sieben-Städte-Tour zur Elektromobilität die Hauptverantwortung dem ehemaligen Pressesprecher des Ministeriums zu. Dieser habe die Leitung des Projekts bekommen, weil er zuvor als Pressesprecher der Polizei Hannover bereits Erfahrungen mit der Organisation von Veranstaltungen hatte. „Es war ein Fehler, ihn mit der Federführung zu betrauen“, stellte Lies im Nachhinein fest. „Der Pressesprecher hat offensichtlich nicht nur die einfachen Vorgaben für Verwaltungshandeln ignoriert und Bedenken aus dem Haus überhört. Er hat sich sogar über rechtliche Vorgaben hinweggesetzt. Damit hat er meinen Vertrauensvorschuss missbraucht“, sagte der Wirtschaftsminister.

So habe der Sprecher in E-Mails ohne Rücksprache Bezug auf den Minister genommen. In einer Mail heißt es etwa, mit der Bestellung bestimmter Flaggen (sogenannter Beachflags) würde dem Wunsch der Hausspitze entsprochen. „Ich habe mich nie um Beachflags gekümmert“, sagte dagegen Lies im Untersuchungsausschuss. Die Vergabe für den Kinospot ging an die vom Pressesprecher favorisierte Regisseurin Franziska Stünkel, obwohl der Zweitplatzierte in dem Verfahren nicht nur zwanzig Prozent günstiger, sondern auch der Favorit des Fachreferats war. Zudem zögen sich unzureichende Dokumentationen und nicht eingeholte Vergleichsangebote wie ein roter Faden durch das Projekt. Der zuständige Leiter des Referats 01 (Ministerbüro) sei nicht so beteiligt worden, wie es hätte sein sollen.

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Der Wirtschaftsminister gestand auch Vergabemängel bei mehreren Vergaben an die Firma Cima ein, die auf Beratung zu den Themen Stadtentwicklung und Regionalentwicklung spezialisiert ist. Insgesamt wurden seit Regierungsantritt vier Aufträge an Cima vergeben, einer davon vom Innovationszentrum Niedersachsen. Dabei ging es unter anderem um eine Studie zur maritimen Wirtschaft und zur Digitalisierung. „Die Durchsicht der Akten hat ergeben, dass die Auftragsvergaben nicht völlig frei von formellen Vergabefehlern erfolgt sind“, sagte Lies. Diese hätten aber keine Auswirkungen auf die Vergabeentscheidungen gehabt, deshalb seien sie nur geringfügig.

„Mit jeder Befragung kommt Neues ans Tageslicht“, sagte Uwe Schünemann, CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss. Mit den Aufträgen an Cima seien zusätzliche Vergabemängel eingestanden worden. „Olaf Lies sagt zwar, er trage die Verantwortung, habe aber gleichzeitig nichts mitbekommen. Stattdessen hat er die Gesamtverantwortung seinem Pressesprecher zugeschoben. Das muss nun untersucht werden“, meinte der CDU-Abgeordnete. Schünemann attestierte Lies zugleich, tatsächlich Aufklärungsarbeit im Ministerium zu leisten. Das sei in dieser Form in der Staatskanzlei nicht zu erkennen. SPD-Obmann Grant-Hendrik Tonne sprach von einem sehr souveränen Auftritt des Ministers. „Olaf Lies hat eindeutig dargestellt, dass er in die Fehler nicht involviert war und die Aufklärung selbst sehr schnell und umfassend vorangetrieben hat“, so Tonne. Auch personelle und inhaltliche Konsequenzen seien bereits gezogen worden.