Die Linken-Bundestagsabgeordnete Pia Zimmermann (Wolfsburg) und der Linken-Landesvorsitzende Lars Leopold (Hildesheim) üben scharfe Kritik am Zustand der Altenpflege in Niedersachsen. Die beiden haben statistische Angaben der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet und Vergleiche zur bundesweiten Entwicklung gezogen. Darin sehen sie einen Trend bestätigt, den sie für bedenklich halten.

So geht aus den Daten über die festangestellten Vollzeitkräfte hervor, dass die Brutto-Löhne stärker ansteigen und der Niedriglohnbereich stärker sinkt als im Bundesdurchschnitt – das sind zwei positive Entwicklungen. Aber auch nach dem Zuwachs der Beschäftigten in diesem Bereich bleibe der Stand deutlich hinter dem Bundesdurchschnitt zurück. Zimmermann und Leopold sagen dazu gegenüber dem Politikjournal Rundblick: „Die Löhne in der Altenpflege müssen in einem ersten Schritt mindestens armutsfest werden. Andernfalls laufen wir auf eine Katastrophe zu.“


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Wie aus der Analyse der beiden Linken-Politiker hervorgeht, ist die Zahl der Vollzeit-Beschäftigten in der Altenpflege zwischen 2012 und 2018 bundesweit um 23,5 Prozent gestiegen – in Niedersachsen aber nur um 12,8 Prozent. Fachkräfte gibt es 16,8 Prozent mehr, Hilfskräfte neun Prozent. Da die Statistik lediglich Vollzeitkräfte umfasst, bleibt der Anteil der Teilzeitkräfte hier unbeachtet. Dazu liegen keine Daten und Analysen vor.

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Die Erhebung der Löhne fußt auf Mediandaten, also Mittelwerten in einer Reihe nahe beieinander liegender Werte. Entsprechend steigen die Bruttomonatslöhne für die Vollzeit-Pflegekräfte zwischen 2012 und 2018 um 21 Prozent, nämlich von 2186 auf 2645 Euro. In Niedersachsen liegt der Anstieg bei 26 Prozent, also fünf Punkte darüber. Allerdings ist der Ausgangswert im Jahr 2012 bei 1991 Euro gewesen, 2018 wurde ein Wert von 2506 Euro ermittelt. Damit werde erneut belegt, dass niedersächsische Pflegekräfte – hier die Vollzeit-Stellen – schlechter bezahlt werden als im Bundesdurchschnitt.

Ein Gefälle von Süd nach Nord und von West nach Ost ist feststellbar, in der aktuellen Statistik lag der Betrag in Niedersachsen jedoch zunächst noch hinter dem von Schleswig-Holstein. Erst seit 2015 hat sich die Reihenfolge der Nord-Länder gedreht, Niedersachsen liegt jetzt auf Rang neun der 16 Bundesländer.

Linken-Politiker sehen dringenden Handlungsbedarf

Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich der Pflege ist im betrachteten Zeitraum bundesweit von 37,2 auf 30,1 Prozent gesunken. Hier ist der prozentuale Rückgang in Niedersachsen sogar noch ausgeprägter: Statt 44,9 Prozent im Jahr 2012 sind es 2018 nur noch 34,8 Prozent gewesen. Zimmermann und Leopold sehen zwar den Rückgang als positiv an, knüpfen aber eine generelle Kritik an: „Wenn mehr als 70 Prozent der Altenpflegehilfskräfte in Niedersachsen im Niedriglohnbereich arbeiten und der Zuwachs bei der Beschäftigung deutlich hinter den bundesweiten Zuwächsen zurückbleibt, besteht dringender Handlungsbedarf.“ Die Gefahr drohe, dass Personal aus der Altenpflege in die Krankenpflege abwandert. „Da helfen nur höhere Löhne“, betonen die beiden Linken-Politiker.

Sie haben in Schreiben an Vize-Ministerpräsident Bernd Althusmann und die CDU-Landtagsabgeordnete Petra Joumaah noch einmal für das Konzept einer „solidarischen Pflegevollversicherung“ geworben: Die private Pflegeversicherung soll in eine einheitliche gesetzliche Pflegeversicherung überführt werden, die Deckelung der Beiträge solle aufgehoben werden – Gutverdiener müssten also wesentlich mehr bezahlen als bisher.

Ähnlich wie die Linkspartei sieht auch die FDP die in Niedersachsen gestartete Pflegekammer mit der Zwangsmitgliedschaft für alle Pflegekräfte kritisch. Fraktionschef Stefan Birkner sagte am Donnerstag, er bezweifele, dass die von der SPD/CDU-Koalition geplanten sechs Millionen Euro im Jahr 2020 reichen werden, allen bisherigen Mitgliedern der Pflegekammer ihre bisher gezahlten Beiträge zu erstatten. „Dafür werden vermutlich neun Millionen Euro nötig sein – und ich bezweifele, dass die Kammer die Rückabwicklung wirklich schaffen wird“, sagte Birkner.