Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) möchte in Zukunft elektronische Fußfesseln auch im Strafvollzug einsetzen. Noch in diesem Jahr soll deshalb das Justizvollzugsgesetz dahingehend geändert werden. Auch bei der Sicherungsverwahrung und im Jugendarrest soll die elektronische Aufenthaltsüberwachung möglich werden.

Bislang wurden diese Kontrollen nur in der Führungsaufsicht eingesetzt, also wenn ein Gericht bei Straftätern auch nach der Haftentlassung noch von einer Wiederholungsgefahr ausgeht. Aktuell gibt es in Niedersachsen drei solcher Fälle. Auch das neue Polizeigesetz soll den Einsatz von elektronischen Fußfesseln vorsehen – hier zur präventiven Kontrolle von sogenannten „Gefährdern“.

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Wenn die Änderung des Justizvollzugsgesetzes beschlossen ist, sollen zunächst zwölf Überwachungseinheiten angeschafft werden: je zwei für die Justizvollzugsanstalten in Celle, Rosdorf, Oldenburg, Sehnde und Wolfenbüttel sowie insgesamt noch zwei weitere für die Sicherungsverwahrten, die in Rosdorf und Meppen untergebracht sind.

Zwar gab es im vergangenen Jahr nach Angaben des Justizministeriums über 11.500 Ausgänge und mehr als 650 Urlaube, also Freigänge über Nacht. Die elektronische Fußfessel solle aber nur bei etwa 30 sogenannten Vollzugslockerungen pro Jahr zum Einsatz kommen und dadurch jährliche Kosten von 137.000 Euro verursachen. Da die Kontrollen einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Straftäter darstellen, werden sie nur in besonders schweren Fällen genutzt und seien dennoch „das mildere Mittel“. Die Alternative wäre, die Straftäter gar nicht herauszulassen. Freigänge spielen eine wichtige Rolle, damit sich die Häftlinge wieder an den Alltag gewöhnen können. Es gebe „nichts Unkontrollierbareres“ als eine unvorbereitete Haftentlassung, sagte die Ministerin.

Niemand soll sich Sorgen machen, wenn ein Straftäter tagsüber die Haftanstalt verlässt, etwa um einer Arbeit nachzugehen.

Havliza erklärte, sie habe vor allem den Opferschutz im Blick. „Niemand soll sich Sorgen machen, wenn ein Straftäter tagsüber die Haftanstalt verlässt, etwa um einer Arbeit nachzugehen.“ Eingesetzt werden soll die Fußfessel bei Straftätern, die zu mindestens zwei Jahren Haft verurteilt worden sind und sich im Zuge der Entlassungsvorbereitung bereits kurzzeitig frei bewegen dürfen.

Über GPS-Daten können in diesem Fall entweder Orte definiert werden, die der Straftäter nicht betreten darf. Oder es wird ein bestimmtes Areal festgelegt, in dem sich der Straftäter dauerhaft aufhalten muss. So ließen sich beispielsweise bei einem Fall von häuslicher Gewalt bestimmte Stadtteile, in denen das Opfer wohnt und arbeitet, als Verbotszonen definieren, erläuterte die Justizministerin. Oder dem Straftäter könnte zur Auflage gemacht werden, eine bestimmte Stadt nicht zu verlassen. Verstößt der Täter gegen diese Auflagen, würde die elektronische Fußfessel anfangen zu vibrieren und ein Alarmsignal an die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder bei der JVA Weiterstadt in Hessen absetzen. Diese würde dann eine zuvor als zuständig definierte Polizeidienststelle über den Verstoß informieren.

Grüne bezeichnen Fußfesseln als Placebo

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel hält die elektronische Fußfessel für einen Placebo. „Sie verhindert weder Straftaten noch das Übertreten bestimmter Grenzen“, sagte Piel. Obwohl die Ministerin das wisse, versuche sie „mit diesem Instrument Sicherheit vorzugaukeln.“ Die Grünen-Politikerin möchte stattdessen, dass mehr Fachleute die Freigänge begleiten: „Anders als eine Fußfessel können begleitende Justizvollzugsbedienstete nämlich unmittelbar und sofort eingreifen, wenn die Gefangenen bei Ausführungen gegen Verbote verstoßen, und auch Hilfestellungen beim Trainieren sozialer Kompetenzen und bei sozialen Kontakten bieten.“


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Marco Genthe von der FDP-Fraktion begrüßt zwar, dass das Justizministerium nun elektronische Fußfesseln einsetzen möchte. Gleichzeitig stellt er aber fest, dass dies nicht zu weniger Personaleinstellungen im Justizvollzug führen dürfe. „Die Fußfessel ist ein zusätzliches Instrument im Strafvollzug und darf keine Möglichkeit darstellen, jetzt Personal im Justizvollzug zu reduzieren.“ Die Justizministerin sieht die elektronische Aufenthaltsüberwachung nur als ein weiteres Instrument, um die Häftlinge auf ihre Entlassung vorzubereiten. „Man darf nicht unterschätzen, was Freiheitsentzug mit den Menschen macht. Einige haben anschließend auch Angst, in der Freiheit etwas falsch zu machen.“ Durch die elektronische Fußfessel komme zu der sozialen nun noch eine „maschinelle Kontrolle“ dazu, sagte Havliza.