Ralf Meister, evangelischer Landesbischof von Hannover und Ratsvorsitzender der Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, hat gestern beim feierlichen Empfang zum Reformationstag ein Ziel verkündet: Wenn der 31. Oktober nun jedes Jahr in Niedersachsen ein Feiertag ist, dann könne man diesen Termin zu einem „Think Tank“ machen, zu einer Art Denkfabrik, in der regelmäßig darüber nachgedacht und diskutiert wird, „wie wir morgen leben wollen“. Nach 501 Jahren Reformation sei für ihn klar, dass die Gesellschaft „ständig eine lernende“ bleiben und sich mit Kritik und Gegenvorschlägen auseinandersetzen müsse.

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte vor etwa 300 Gästen der Konföderation, der Reformationstag sei für ihn „ein Zentrum der interreligiösen Zusammenarbeit“. Das zeige sich auch daran, dass gestern in Niedersachsen mehr als 1000 Veranstaltungen stattgefunden hätten, die den Dialog mit den unterschiedlichen Religionen – katholische Konfession, orthodoxe Christen, Juden und Muslime – zum Gegenstand hatten. Die Hauptrede beim Festakt der evangelischen Kirchen hielt der Würzburger Rechtsphilosoph Prof. Horst Dreier, der deutlich machte, dass Martin Luther und sein Wirken im 16. Jahrhundert noch nicht die Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat im Sinn gehabt habe – dies sei erst mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert zum Thema geworden. Aber bestimmte Errungenschaften der Reformation, etwa der Bildungshunger, hätten sich später in Preußen als Ausdruck der Religionsfreiheit verfestigt.