Es ist Sonntag um 15.21 Uhr. Die Fußballstadt Osnabrück liegt in Trümmern. Im Niedersachsen-Derby der 2. Bundesliga (in der 1. Bundesliga ist ja auch keins mehr möglich) hat Hannover 96 die Gäste von der Osna in Grund und Boden geschossen. Seit quälenden 10 Minuten steht es bereits 7:0 für die Hausherren, die den Tabellenletzten komplett auseinander genommen haben. Selbst der Osnabrücker Torhüter Lennart Grill, der sein Soll an Glanzparaden übererfüllt hat, hat offenbar keinen Bock mehr. „Wir haben 7:0 auf die Fresse bekommen“, sagt er später im NDR-Interview.

Die Fankurve des VfL Osnabrück beim Auswärtsspiel in Hannover zum Spielbeginn und in der Nachspielzeit. Nur ein einsamer Fahnenschwenker hält bis zum Ende durch. | Fotos: Link

Ja, ja, die Osnabrücker Schultern sind schwer wie Blei in dieser 91. Spielminute, sowohl auf dem Rasen als auch auf der Tribüne. Nur für einen einzigen VfL-Fan ist Defätismus selbst jetzt weiterhin nur ein schwer verständliches Fremdwort. Mitten in einem purpurnen Meer des Trübsals schwenkt der Fan aus der Friedensstadt unverzagt eine überdimensionierte Fahne – und sie ist nicht weiß, sondern lila.

Hoffentlich hat auch Ministerpräsident Stephan Weil, den ich auf dem Weg zur Theke mit dem Hähnchenschnitzel-Käsebrötchen-Burger [sic!] zufälligerweise in einer Loge gesehen habe, gut aufgepasst. Falls das Land Niedersachsen irgendwann nochmal einen offiziellen Fahnenträger einstellt, ist der unbekannte Osnabrücker unser Mann. So viel Spirit hat man zuletzt beim Orchester auf der untergehenden Titanic gesehen oder bei Napoleons Leibgarde in der Schlacht von Waterloo. Als er aufgefordert wurde, sich zu ergeben, soll der französische General Pierre Cambronne geantwortet haben: „Die Garde stirbt, aber sie ergibt sich nicht.“ Der daraufhin gefangen genommene Kommandant behauptete allerdings anschließend, diesen Ausspruch so niemals getätigt zu haben. Anderen Quellen zufolge soll Cambronne weniger poetisch, dafür umso treffender einfach nur Folgendes gesagt haben: „Merde!“



Ein anderes Zitat ist dagegen historisch ganz sicher belegt. „Ich nehme wahr, dass Sie heute Morgen auf Krawall gebürstet sind“, meinte Hannover-96-Fan Stephan Weil zwei Tage vor dem Fußballspiel noch im Landtag. Wer dem Ministerpräsidenten bei der Befragung im Plenum derart beschwerlich fiel, erfahren Sie heute im Rundblick. Dort lesen Sie auch die letzten Neuigkeiten zum heutigen Schicksalstag der Nord/LB und Klaus Wallbaum erzählt Ihnen die abenteuerliche Geschichte einer Klinik, die keiner mehr gebraucht hat.

Viel Spaß beim Lesen wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link