Der Landesverband niedersächsischer Musikschulen fordert vom Landtag eine deutliche Erhöhung der strukturellen Förderung für die 74 Musikschulen im Land. Man sei gefangen in einem goldenen Käfig, meinte Verbandsgeschäftsführer Klaus Bredl am Mittwoch vor Journalisten: Zwar erhalten die Musikschulen über das Glücksspielgesetz jährlich verlässlich rund 1,4 Millionen Euro Landesförderung. Allerdings sei dieser Betrag seit 20 Jahren nicht mehr erhöht worden. Die Kosten, insbesondere für das Personal, seien hingegen erheblich angewachsen.

Fordern mehr Geld für die Musikschulen (von links): Holger Denckmann, Frauke Heiligenstadt und Klaus Bredl vom Landesverband niedersächsischer Musikschulen. | Foto: Kleinwächter

Aus einer wenig befriedigenden Situation droht nun eine deutliche Schieflage zu werden. Denn die ausbleibende Verbesserung in Niedersachsen werde durch deutliche Aufwertungen der Förder- und Arbeitsbedingungen in den angrenzenden Bundesländern, etwa Thüringen, Hessen und Nordrhein-Westfalen, nun zum Standortnachteil, erläuterte Frauke Heiligenstadt, SPD-Bundestagsabgeordnete und im Ehrenamt Präsidentin des Musikschul-Landesverbands. „Wir sind in Niedersachsen Schlusslicht, was den Landesanteil angeht, und zwar mit ganz großer roter Laterne“, sagte sie.

Lehrkräfte wandern in Nachbarländer ab

Insbesondere in den angrenzenden Kommunen sei es für ausgebildete Musikschullehrer nun deutlich attraktiver, einen Arbeitsplatz jenseits der Landesgrenze anzunehmen, wo etwa Festanstellungen angeboten werden können, die man in Niedersachsen mit der sprichwörtlichen Lupe suchen kann. „Wir stellen fest, dass immer mehr unserer Lehrkräfte in finanziell besser ausgestattete Einrichtungen der Nachbarländer abwandern“, sagte Holger Denckmann, Vorsitzender des Landesverbands. Vom Landtag erwartet man daher eine Erhöhung der strukturellen Förderung auf perspektivisch zehn Millionen Euro, wenn nötig auch schrittweise.

Kommunen und Eltern zahlen 90 Prozent

Verbandsgeschäftsführer Bredl hofft darauf, dass es irgendwann eine Drittel-Finanzierung geben könnte, bei der sich Land, Kommunen und Eltern die Kosten gleichmäßig teilten. Derzeit würden aber 90 Prozent der Ausgaben der Musikschulen durch die Kommunen und die Eltern finanziert. Dass sich die Politik in anderen Ländern inzwischen stärker für die Musikschulen einsetzt, könnte auch daran liegen, dass man diese dort als Bildungseinrichtungen begreift, während sie hierzulande ein Dasein zwischen Kultur und Kultus fristeten und noch nicht mal einen eigenen Haushaltsposten im Budget des Kulturministeriums haben, heißt es seitens des Landesverbands.



Der drohende Mangel an Musikschulplätzen könnte unterdessen konkrete Engpässe an anderer Stelle verursachen. Noch sei es zwar so, dass Musikschul-Lehrer in den besser dotierten Schuldienst wechselten, erläuterte Denckmann. Perspektivisch wird es dort aber womöglich kaum noch Musikstunden geben können, weil die Fachlehrer fehlen. Um an einer Musikhochschule studieren zu können, reicht nämlich der Musikunterricht an einer allgemeinbildenden Schule bei Weitem nicht aus. Flankierend muss ein Schüler auch noch an einer Musikschule auf diesen Studienweg vorbereitet werden. Fallen die Musikschulen weg, fehlen dann bald auch die Musikstudenten in der Schule – ein Teufelskreis.

80 Prozent der Grundschulen ohne Fachkraft für Musik

Schon jetzt fehlen neben Mathematik-, Physik- und Informatiklehrern auch Lehrer für Kunst und Musik, wie Kultusministerin Julia Hamburg (Grüne) in der vergangenen Woche am Rande der Pressekonferenz zum Schulstart erklärt hatte. Man schätzt, dass an 80 Prozent der Grundschulen schon keine Fachkraft für Musik mehr vorhanden sei. „Die Musikalisierung geht uns dort flöten“, sagte Denckmann.

In der Portikushalle zeigten drei Saxophonisten, was die Musikschulen Wichtiges leisten. | Foto: Kleinwächter

Darüber hinaus drohe ein regelrechtes Ausbluten der musikalisch-kulturellen Landschaft Niedersachsens. Die Orchester der größeren Häuser werden zwar weniger Probleme damit haben, exzellente Musiker zu gewinnen, schließlich bediene man sich dort eines internationalen Marktes, erläuterte Daniel Keding, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbands niedersächsischer Musikschulen. Ein Problem für die Häuser werde es allerdings, wenn die jungen Menschen nicht mehr an die Kultur herangeführt würden, ergänzte Bredl. Interesse zu wecken sei schließlich auch eine Aufgabe der Musikschulen. Für derartige Kooperationen mit dem Ganztagsbereich der allgemeinbildenden Schulen oder auch im Bereich der frühkindlichen Bildung fehle aber zunehmend das Personal – und das Geld.

„Wenn Bühnen kein Publikum mehr haben, wird es bald auch keine Bühnen mehr geben“, sagte Bredl. Hinzu komme die Bedeutung der Musikschulen als Zentren für Netzwerke kultureller Bildung: Musikvereine, Feuerwehrkapellen und Spielmannszüge seien auf den Fortbestand der Musikschulen angewiesen, sonst verarme das kulturelle Leben vor Ort. Seitens der Landespolitik mangele es zwar nicht an anerkennenden Worten, sagte der Verbandsgeschäftsführer, aber „aus Lob und Dank muss jetzt etwas Handfestes werden.“