Die Bertelsmann-Stiftung sieht das Ende der sinkenden Schülerzahlen gekommen. In einer neuen Studie haben Forscher des Instituts berechnet, dass im Jahr 2025 ganz Deutschland rund 8,3 Millionen Kinder zur Schule gehen werden, das sind 1,1 Millionen mehr als von der Kultusministerkonferenz 2013 berechnet. Auch Niedersachsen wird betroffen sein. „Mit diesem Schüler-Boom hat kaum jemand gerechnet“, sagt Stiftungsvorstand Jörg Dräger. „Viele Bundesländer müssen komplett umdenken.“ Denn in den Kultusministerien ging man bislang davon aus, dass immer weniger Kinder in Deutschland leben werden und sich deshalb prekäre Verhältnisse wie überfüllte Klassen und fehlende Lehrer von selbst lösen werden. Davon sollte man sich nun verabschieden. „Die Kultusministerkonferenz sollte  dringend ihre Schülerzahlenprognose aktualisieren,
denn Politik und Bildungsverwaltung benötigen einen belastbaren Planungsrahmen“, fordert Dräger.

Das niedersächsische Kultusministerium geht bislang davon aus, dass die allgemeinbildenden Schulen im Jahr 2025 rund 807.000 Schüler zählen werden, derzeit sind es 836.000. Konkrete Prognosen für die einzelnen Länder lassen die Statistiken der Bertelsmannstudie nicht zu, doch für die westlichen Flächenländer gehen die Forscher in 2025 von rund 6,4 Millionen Schülern aus, derzeit sind es etwa 6,3 Millionen. Im Durchschnitt werde die Zahl der Schüler um etwa vier Prozent im Vergleich zu heute steigen. Wobei sie in den westlichen Bundesländern höher ausfallen wird, da in den östlichen Ländern mit einem Rückgang der Zahlen zu rechnen ist, heißt es in der Studie.  „Die Schülerzahl in Niedersachsen wird auf jeden Fall steigen“, sagt der Forscher Dirk Zorn gegenüber dem Rundblick.

Die Gründe dafür sehen Zorn und sein Kollege Professor Klaus Klemm in der steigenden Geburtenrate, aber auch in der Zuwanderung. Letztere ist nicht nur durch die Flüchtlinge steigend, sondern auch, weil immer mehr Ausländer Deutschland als künftige Heimat wählen. In Niedersachsen allein zogen im Jahr 2014 54.000 Menschen aus dem Ausland zu, im Jahr darauf waren es 119.500. „Fraglich ist aber, ob der Trend insgesamt anhalten wird“, sagt Zorn. Ebenso wie die Geburtenrate. In Niedersachsen wurden in 2015 66.406 Kinder geboren, etwa 3500 mehr als im Vorjahr. In 2016 stieg die Zahl nochmal um 700 Neugeborene. “

Die Forscher gehen deshalb davon aus, dass die Kultusministerien rasch handeln müssen, vor allem bei den Grundschulen und im Sekundarbereich I. Grundschulen dürften nicht länger geschlossen werden, stattdessen müssten mehr gebaut werden. Auch mehr Lehrer würden benötigt. Momentan stellen die Schüler der Sekundarstufe I zwischen zehn und 16 Jahren mit 32 Prozent die größte Gruppe der niedersächsischen Schüler, es folgen die Grundschüler zwischen sechs und zehn Jahren mit 19,6 Prozent.

Die Jugendlichen unter 19 Jahren machen etwa 18,9 Prozent aus. Letztere dürften in den kommenden Jahren aber erst einmal weniger werden, bis die neuen starken Jahrgänge das Alter erreicht haben. Doch die frei werdenden Räume und Lehrkräfte könnten dann nicht einfach umgenutzt werden. „Oberschullehrer können schließlich nicht plötzlich eine Grundschulklasse unterrichten“, sagt Zorn.

Für ganz Deutschland rechnen die Forscher momentan mit Mehrausgaben für Bildung in Höhe von etwa 4,7 Milliarden Euro. Doch dadurch, dass frei werdende Kapazitäten nicht immer umgenutzt werden können, dürften die zu erwartenden Ausgaben noch darüber liegen.