Wenn man bisher bei der Beerdigung auf einen Sarg verzichten und stattdessen ein Leinentuch nutzen wollte, brauchte man eine Sondererlaubnis der Gesundheitsbehörde. Das soll künftig nicht mehr so sein. Im neuen Friedhofsgesetz, dessen Entwurf gestern von der Landesregierung beschlossen und an den Landtag weitergeleitet worden ist, gibt es an dieser Stelle eine Liberalisierung. Festgelegt wird zunächst, dass Erdbestattungen in feuchtigkeitshemmenden Särgen vorgenommen werden sollen. Einschränkend heißt es aber: „Wenn nicht religiöse oder Gründe der Weltanschauung entgegenstehen.“

Eine Hauptaufgabe des Friedhofs besteht darin, die ordnungsgemäße Verwesung der Leichen sicherzustellen, heißt es im Gesetzentwurf. – Foto: majorosl66

Während die Landesregierung nun betont, dass sich gegenüber dem geltenden Recht hier nicht viel ändert, weil eben nur die strenge behördliche Genehmigungspflicht für eine Leinentuch-Bestattung entfalle, sehen einige Verbände und Institutionen diese Regel kritisch. Der Verband Deutscher Bestattungsunternehmen betont, die Beerdigung im Leinentuch sei keine typisch muslimische oder religiös begründete Methode – viele Muslime würden auch mit der in Deutschland üblichen Sarg-Bestattung einverstanden sein. Dagegen meint die „Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas“, die Frage, ob man mit oder ohne Sarg bestattet, solle dem Verstorbenen selbst in seinem letzten Willen überlassen bleiben.

Lesen Sie auch:

 

Mit der Neuregelung des Friedhofgesetzes will das Land vor allem Konsequenzen aus dem Fall des Delmenhorster Krankenpflegers Niels H. ziehen, der in Delmenhorst und Oldenburg 97 Morde begangen haben soll. Das kriminelle Wirken dieses Mannes war vermutlich auch deshalb viel zu spät gestoppt worden, weil in den Krankenhäusern eine intensive Leichenschau unterblieben war. Mit dem Gesetz wird jetzt eine ärztliche Meldepflicht an Polizei und Staatsanwaltschaft eingeführt, sobald es bei er Todes-Feststellung Anhaltspunkte auf unnatürliche Todesursachen, ärztliche Fehler oder Komplikationen bei der medizinischen Behandlung gibt. Bei Toten, die jünger als 14 sind, solle die Polizei generell eingeschaltet werden – sofern der Tod nicht zwingend auf eine Vorerkrankung zurückzuführen ist. Eine „innere Leichenschau“, zu der auch Blutproben gehören, soll möglich werden, und zwar auch bei fehlender Einwilligung der Angehörigen.

Zu diesen Neuerungen liegen viele Anregungen und Einwände von Verbänden vor. Vermutet wird, dass es künftig mehr Leichenschauen und mehr Obduktionen geben wird – und dass die Kosten dafür den Angehörigen aufgebürdet werden könnten. Wenn man die Krankenkassen als Kostenträger nutze, würden diese womöglich wesentlich stärker als bisher belastet, meint etwa der Verband des Tischlerhandwerks. Die katholische Kirche schlägt vor, die generelle „klinische Sektion“ bei gestorbenen Kindern einer richterlichen Genehmigungspflicht zu unterwerfen. Das sei sinnvoll, denn es werde ja „in das Totenfürsorgerecht der Angehörigen eingegriffen“.

Asche gehört weiterhin in die Urne

Eine Erlaubnis, die Asche von Toten auf Friedhöfen zu verstreuen, enthält der neue Entwurf nicht. Im vergangenen Jahr hatte das Sozialministerium dies zunächst noch vorgeschlagen, dann aber nach Protesten der Kirchen einen Rückzieher gemacht. Die Seebestattung wird allerdings erlaubt, die Urne muss aber biologisch abbaubar sein und beschwert werden, damit sie „nicht aufschwimmen kann“. Neu ist nun auch, dass Urnen nicht mehr innerhalb eines Monats nach der Einäscherung in die Erde kommen müssen, sondern nur noch sollen. Die kommunalen Spitzenverbände und die katholische Kirche sehen das skeptisch, weil mit der Aufweichung der Vorgabe die Beerdigung herausgezögert werden könne. Es bleibt dabei, dass Erdbestattungen binnen einer Woche nach dem Tod stattfinden sollen.

Umstritten ist noch ein anderer Punkt: Der Gesetzentwurf erlaubt, dass man Teile der Totenasche entnimmt, in eine Mini-Ampulle füllt und in den Weltraum schickt – oder auch in einen Diamanten einarbeitet. Dies solle allerdings nur möglich sein, wenn der Verstorbene das zu Lebzeiten ausdrücklich gewollt hat. Die Konföderation der evangelischen Kirchen erklärt, diese Idee widerspreche „dem gebotenen Schutz der Totenruhe“. Das katholische Büro betont, die menschlichen Überreste „sind weder Sachen noch Kunstobjekte“. Sie dürften dazu auch nicht gemacht werden.