Höchst kompliziert und doch nicht rechtssicher: Die kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen sehen beim geplanten Gesetz zur Sonntagsöffnung noch Nachbesserungsbedarf. Das geht aus der Stellungnahme der Verbände zum Gesetzentwurf hervor, die dem Politikjournal Rundblick vorliegt. Der aktuellen Entwurf stelle zwar „eine ausgewogene Lösung unter Berücksichtigung der Arbeitnehmerrechte und der Händlerinteressen dar“. Die Kommunen befürchten aber, dass das Prozessrisiko mit dem neuen Gesetzentwurf sogar noch steigen könnte. Denn laut Entwurf muss für jeden verkaufsoffenen Sonntag entweder ein besonderer Anlass oder ein öffentliches Interesse vorliegen. Das könne zu zusätzlichen Angriffspunkten für mögliche Klagen und einstweiligen Verfügung führen, weil „unterschiedliche Auffassungen bei der Auslegung der neuen Tatbestandsmerkmale bestehen können“, heißt es in der Stellungnahme. Zugleich werde sich der Begründungaufwand für einen verkaufsoffenen Sonntag deutlich erhöhen. Die Kommunen haben schon jetzt immer wieder mit Klagen zu kämpfen. Erst am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht Oldenburg den geplanten verkaufsoffenen Sonntag in Leer in letzter Minuten untersagt. Geklagt hatte die Gewerkschaft Verdi. In Hannover bummelten dagegen an diesem Sonntag 220.000 Menschen durch die Innenstadt, weil die Läden geöffnet hatten.


Lesen Sie auch:

An vier Sonntagen darf verkauft werden, ausnahmsweise an sechs Sonntagen

Weil: Sonntagsöffnungen sind das „Loch Ness“ der Landespolitik


Im geplanten neuen Gesetz ist den Kommunen auch der Begriff „Ortsbereich“ zu ungenau. Das werde vor allem diejenigen Kommunen vor Probleme stellen, in denen es kein richtiges Stadtzentrum gibt, wie zum Beispiel die Städte Hemmingen oder Garbsen in der Region Hannover. Auch die kompliziert formulierte und sehr eng gefasste Regelung zur Höchstzahl der Sonntagsöffnungen geht den Kommunen zu weit. „Eine so starke Begrenzung der Anzahl der geöffneten Sonn- und Feiertag ist vom Bundesverfassungsgericht nicht gefordert“, schreiben sie. Die kommunalen Spitzenverbände schlagen vor, sich zum Teil an der neuen Sonn- und Feiertagsregelung Nordrhein-Westfalens zu orientieren. Dort gebe es sehr ausführliche Anwendungshilfen für die Kommunen. NRW habe die „Anlass-Rechtsprechung“ ausdrücklich aufgebeben. Stattdessen gebe es dort eine Sonntagsöffnung im Zusammengang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen. „Dadurch sollen die Städte und Gemeinden ausdrücklich von dem Nachweis befreit werden, dass die Veranstaltung mehr Kunden anzieht als die Ladenöffnung. Diese Regelungen wären auch für Niedersachsen wünschenswert“, meinen die Verbände.

Auch bei den Ausnahmetatbeständen für eine Sonntagsöffnung sehen die niedersächsischen Kommunalvertreter Nordrhein-Westfalen als Vorbild. Dort gebe es weitere Gründe wie die Stärkung oder Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebotes. Schließlich hätten die Geschäfte in den Innenstädten auch immer stärker mit den Konkurrenz durch den Internethandel zu kämpfen. Die verkaufsoffenen Sonntage seien „ein sehr wichtiges Element für die positive Entwicklung der Innenstädte und des Umlandes und werden von Teilen der Bevölkerung als Bereicherung und nicht als unzulässige Beeinträchtigung der Sonn- und Feiertagsruhe gesehen“, schreiben die kommunalen Spitzenverbände.

Bis Freitag hatten die Verbände Gelegenheit, zum geplanten neuen Gesetz Stellung zu nehmen. Dabei hatte auch der niedersächsische Handelsverband die explizite Aufnahme einer Anlassbezogenheit abgelehnt. Nach Meinung des Verbands wäre es besser, durch eine „nähere Bezeichnung von Regelbeispielen“ für Klarheit zu sorgen. Auch der Handelsverband verweist dabei auf das nordrhein-westfälische Gesetz. Die Gewerkschaft Verdi wünscht sich das Gesetz dagegen noch restriktiver. Ihrer Meinung nach sind vier verlaufsoffene Sonntage im Jahr vollkommen ausreichend. Im Gesetzentwurf gibt es aber eine „Vier-plus-zwei-Regelung“.  Sie sieht neben vier einkaufsoffenen Sonntagen im Jahr noch zwei weitere vor, die sich auf Stadtbezirke oder Ortsteile beschränken können.