Soll Sigmar Gabriel zurückkehren in eine Spitzenposition der deutschen SPD? Immer mehr Politiker äußern sich in diese Richtung. Am Wochenende haben sich in verschiedenen Interviews zwei prominente niedersächsische SPD-Politiker dafür ausgesprochen, nämlich Altkanzler Gerhard Schröder und Boris Pistorius, der niedersächsische Innenminister.

„Sigmar Gabriel ist einer der fähigsten Politiker, den ich gern wieder an verantwortlicher Stelle der SPD sehen würde“, sagt zum Beispiel Niedersachsens SPD-Generalsekretär Alexander Saipa 

Gegenüber dem Politikjournal Rundblick sagte am Montag Christos Pantazis, einer der Vize-Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion: „Der SPD mangelt es gegenwärtig an starken Führungspersönlichkeiten. Einer mit den Qualitäten von Sigmar Gabriel täte der Partei jetzt gut – und immer wieder höre ich, wie sehr er in einer Spitzenposition der SPD vermisst wird“, ob Pantazis hervor. Es sei „ein deutlicher Ruf nach Gabriel vernehmbar“, fügte er hinzu.

Niedersachsens SPD-Generalsekretär Alexander Saipa sagte dem Rundblick: „Gabriel ist einer der fähigsten Politiker, den ich gern wieder an verantwortlicher Stelle der SPD sehen würde.“ Pantazis und Saipa kommen wie Gabriel aus dem SPD-Bezirk Braunschweig, und sie unterstützten ausdrücklich die Haltung von Pistorius. Der Minister hatte in der „Welt“ Gabriel und seinen Nachfolger Martin Schulz als „Schwergewichte“ bezeichnet und hinzugefügt: „Unabhängig von bestimmten Positionen ist es jedenfalls so, dass wir gerade nicht in Zeiten leben, in denen die SPD auf solche politischen Schwergewichte einfach verzichten sollte und könnte.“

Ich habe es vor einem Jahr schon als falsch und befremdlich empfunden, wie wenig solidarisch die neue Parteispitze mit Gabriel umgegangen ist.

Die Aussage des Innenministers hat auch deshalb Aufmerksamkeit gefunden, weil er sich kurze Zeit nach Altkanzler Gerhard Schröder positionierte. Auch Schröder warb im „Spiegel“ für Gabriel, nannte ihn den „vielleicht begabtesten Politiker, den wir in der SPD haben“, und verknüpfte das mit scharfer Kritik an Parteichefin Andrea Nahles, der er die wirtschaftspolitische Kompetenz absprach und vorhielt, „Amateurfehler“ zu machen. Die Kritik von Schröder hatte umgehend Widerspruch herausgefordert, unter anderem vom schleswig-holsteinischen SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner und von der Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig. Auch Unterstützer Schröders meldeten sich zu Wort, als solcher wird auch Pistorius verstanden.

Druck auf Nahles könnte schon bald wachsen

Im Rundblick-Gespräch erläutert nun Pantazis, dass Gabriel als großes Talent sicher viele Schwächen habe, die SPD aber strenggenommen fähige Leute wie ihn nicht ausgrenzen dürfe. „Ich habe es vor einem Jahr schon als falsch und befremdlich empfunden, wie wenig solidarisch die neue Parteispitze mit Gabriel umgegangen ist.“ Pistorius hatte in der „Welt“ erklärt: „Es befremdet die Menschen, wenn die SPD ihr Spitzenpersonal immer wieder hochjubelt und es dann quasi über Nacht fallen lässt. Das gehört sich einfach nicht.“

Der SPD-Innenpolitiker im Landtag, Uli Watermann, warnte gegenüber dem Rundblick allerdings vor solchen Aussagen: „Ich habe noch nie erlebt, dass derartige öffentliche Personaldebatten zu einem vernünftigen Ziel führen.“

Die Unzufriedenheit in der SPD ist auch wegen bescheidener Umfragewerte groß – und auch, weil die Partei vor wichtigen Wahlen steht, die das Schicksal der Parteiführung wenden könnten: Ende Mai sind nicht nur Europawahlen, sondern zugleich noch Bürgerschaftswahlen in Bremen. Sollte die SPD bei der Europawahl schlecht abschneiden und noch dazu Gefahr laufen, den Bürgermeisterposten in Bremen zu verlieren, so dürfte sich der Druck auf SPD-Chefin Andrea Nahles, mit der ohnehin viele in der SPD unzufrieden sind, noch erheblich verstärken.

Schon im November hatte der langjährige SPD-Landesgeschäftsführer Heino Wiese im Rundblick-Gespräch für eine Erneuerung der SPD geworben, Nahles defensives Verhalten vorgeworfen und die Rückkehr Sigmar Gabriels in führende Funktionen befürwortet.