Das Konzept zur Kräftigung der Nord/LB vor dem bevorstehenden Stresstest der EU braucht erheblich mehr Zeit als zunächst vermutet. In Regierungskreisen in Hannover wird damit gerechnet, dass frühestens im Herbst Entscheidungen fallen werden – und diese dürften weit weniger dramatisch sein als zwischenzeitlich vermutet worden war. So ist ein Komplettverkauf der Landesbank, wie er zeitweise erwogen wurde, wohl vom Tisch. Ebenso unwahrscheinlich scheint eine Ausweitung der Landesbeteiligung Niedersachsens zu sein. Wie aus gut informierten Kreisen verlautet, komme so etwas allenfalls als „Übergangslösung“ in Betracht, vermutlich aber gar nicht. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass private Investoren in die bislang zu 100 Prozent im öffentlichen Besitz befindliche Nord/LB einsteigen sollen. Zwei Fragen sind dabei noch ungeklärt: erstens der Zeitpunkt eines solchen Engagement, der schrittweise und in Stufen geschehen könnte, zweitens die Frage, wie groß der Anteil sein soll, der von privaten kommt. Dies dürfte auch in der rot-schwarzen Regierungskoalition in Hannover noch ein Diskussionspunkt sein, denn traditionell stehen die Sozialdemokraten einer Privatbeteiligung eher kritisch gegenüber, während die Christdemokraten hier aufgeschlossener sind.

Nun schält sich allerdings heraus, dass die Anteile der privaten Investoren ein Maximum von 49,9 Prozent nicht überschreiten werden. Das ist eine entscheidende Frage für den Haftungsverbund. Bisher ist die Nord/LB im Haftungsverbund für die öffentlich-rechtlichen Banken Deutschlands, in dem sich auch die Sparkassen befinden. Würde die Nord/LB jetzt mehrheitlich in private Hände übergehen, so müsste sie auch den Haftungsverbund wechseln. Das wäre zum einen zeitlich schwierig, weil wohl eine Frist von drei Jahren abzuwarten wäre, die Nord/LB vorher aber schon den alten öffentlich-rechtlichen Haftungsverbund verlassen müsste. Außerdem müsste der neue private Haftungsverbund dem Wechsel zustimmen – und dies könnte er an Bedingungen knüpfen. Wie schwierig das im Detail werden kann, zeigt sich gerade an entsprechenden Verhandlungen für die privatisierte HSH Nordbank. Bleibt die Nord/LB aber mehrheitlich in öffentlicher Hand, so könnte man das Problem eines Wechsels in einen neuen Haftungsverbund vermeiden, alles bliebe nämlich so wie bisher.


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Eine größere Schwierigkeit bliebe allerdings bestehen: Die Sparkassenverbände aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, die zusammen rund 35 Prozent an der Nord/LB besitzen, wollen sich nicht mehr an der Bank beteiligen, wenn dort private Investoren mitbestimmen.    Das hat Auswirkungen vor allem auf die Landessparkasse Braunschweig, die im alten Braunschweiger Land traditionell die Sparkassenfunktionen wahrnimmt, denn dort gibt es keine kommunalen Sparkassen. Überlegt wird jetzt ein verschachteltes Modell: Die Landessparkasse, weiterhin gestützt und mitverantwortet zumindest vom Sparkassenverband Niedersachsen (SVN), womöglich auch von denen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern,  könnte ein eigenständiges, weitgehend autonom agierendes Gebilde innerhalb der Nord/LB werden – ohne Zugriffsrecht der Eigentümer der Nord/LB. An solchen rechtlichen Fragen wird derzeit getüftelt, und dabei geht es dann auch um Geld: Wenn die Sparkassenverbände ihre Beteiligung an einer teil-privatisierten Nord/LB abgeben würden, bekämen sie dann dafür eine Entschädigung? Manche meinen, dies sei dann nicht so, wenn die Sparkassenverbände weiter beteiligt blieben an einer – dann womöglich ausgegliederten – Landessparkasse Braunschweig. Ausstieg bei der Nord/LB und Einstieg bei der Landessparkasse würden sich dann finanziell aufwiegen.

Andere widersprechen jedoch: Als die Nord/LB 1970 gegründet wurde als Nachfolgerin unter anderem der alten Braunschweiger Staatsbank, wurde im Landtag auf die alten, überlieferten Rechte des Landes Braunschweig – und damit der Landessparkasse als Nachfolgerin der alten Staatsbank – hingewiesen. In Braunschweig wird heute daraus die Sichtweise abgeleitet, dass die Landessparkasse automatisch weiterbesteht, denn niemand habe je das Recht und die Macht gehabt, sie einfach aufzulösen. In den Archiven lagern Briefe des einstigen niedersächsischen Innenministers Otto Bennemann (SPD), die dieser 1969 an den damaligen Finanzminister Alfred Kubel (SPD) schrieb. Darin betont Bennemann, dass niemand die Möglichkeit habe, auch der Landtag nicht, Überbleibsel des alten Landes Braunschweig – hier also die Landessparkasse – in irgendeiner Form zu regeln, aufzulösen oder zu verkaufen. Insofern existiere diese Landessparkasse, fußend auf überkommenen, traditionellen Recht, einfach weiter.