Noch am Donnerstagmorgen waren sich sogar enge Vertraute von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sicher: Dass Sozialministerin Daniela Behrens ins Innenministerium wechseln würde, sei höchst unwahrscheinlich, ja sogar ausgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt waren sich Weil und Behrens offenbar aber schon einige Stunden lang handelseinig geworden. Die 54-jährige Politologin und Journalistin Behrens aus Bokel (Kreis Cuxhaven) wird neue Innenministerin.

Die neue Innenministerin Daniela Behrens spricht in der LPK. | Foto: Link

Ihr liegt die Führung eines Innenministeriums, das viele und auch schnelle Entscheidungen verlangt, ohnehin mehr als die des Sozialministeriums, in dem eher langwierige Entscheidungsprozesse zwischen verschiedenen Akteuren moderiert und aufwendig gesteuert werden müssen. Nur hatten sich Weil und Behrens wohl auch versprochen, nichts nach draußen dringen zu lassen. So blieb selbst das engste Umfeld des Ministerpräsidenten ratlos.

Auch das Politikjournal Rundblick behauptete in der Donnerstag-Ausgabe, Behrens bleibe auf ihrem bisherigen Posten. Das war, wie sich wenige Stunden später herausstellte, keine belastbare Information. Der Rundblick verbreitete dann am Donnerstagabend um 23.38 Uhr exklusiv die Nachricht, wie die Nachfolgefragen im Innen- und im Sozialministerium gelöst werden. Elfeinhalb Stunden später wurde das von Weil dann auch offiziell verkündet.

Weil lobt Behrens: Führungsstärke, Nervenstärke und Belastbarkeit

Der Ministerpräsident erklärte, Behrens sei in der Corona-Pandemie „sicher und klar aufgetreten“, sie habe eine „klare Linie vermittelt“ und „Führungsstärke, Nervenstärke und Belastbarkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt“. Behrens selbst sagte, 1992 ihre politische Arbeit in der Kommunalpolitik begonnen zu haben. Sie hoffe, „dass das Innenministerium mit einer starken Frau an der Spitze umgehen kann“.

Stephan Weil stellt in der Landespressekonferenz seine neue Innenministerin Daniela Behrens und seinen neuen Sozialminister Andreas Philippi vor. | Foto: Link

Staatssekretär Stephan Manke (SPD) wird im Amt bleiben, vermutlich wechselt der Leiter der Zentralabteilung, Nils Hilmer, mit Pistorius ins Bundesverteidigungsministerium. In diesem Zuge könnte der Jurist Alexander Götz, über den auch als möglichen neuen Minister spekuliert wurde, ins Innenministerium zurückkehren. Womöglich folgt auch eine Neuorganisation des Katastrophenschutzes, die Pistorius ursprünglich noch vorgehabt hatte. Offen bleibt bisher, ob Behrens‘ Pressesprecher Oliver Grimm mittelfristig vom Sozial- ins Innenministerium geht.

Ein Arzt wird Gesundheitsminister: Andreas Philippi

Neuer Sozialminister wird der 57-jährige Chirurg und Bundestagsabgeordnete Andreas Philippi aus dem Kreis Göttingen, der lange in der Kommunalpolitik in Herzberg aktiv war und erst seit gut einem Jahr im Bundestag sitzt. Im DRK ist er ehrenamtlich aktiv. Philippi hatte bisher als Abgeordneter noch nebenbei 30 Stunden in der Woche in seiner Klinik gearbeitet, was ihm künftig nicht mehr möglich sein wird.

Andreas Philippi (rechts) übernimmt das Sozialministerium von Daniela Behrens. Stephan Weil (links) ist mit dem Kabinettsumbau sichtlich zufrieden. | Foto: Link

Weil erklärte, die Sozialpolitik werde in Zukunft sehr stark von den Themen Gesundheit und Pflege geprägt sein. Für Philippi spreche, dass er sich hier gut auskenne – und noch dazu über die bisherige Bundestagsarbeit den Draht zu Berlin gut herstellen könne. Auf die Frage, warum niemand aus der SPD-Landtagsfraktion ausgewählt wurde (etwa die sozialpolitische Sprecherin und Ärztin Thela Wernstedt), meinte Weil, dass er die Gründe für die Entscheidung nicht im einzelnen darlegen wolle. Auch Philippi hält an der Staatssekretärin Christine Arbogast fest. Er wird zugleich Frauenminister sein – und damit der erste Mann in dieser Rolle.



Dirk-Ulrich Mende kommt in den Bundestag: Am Mittwoch werden die beiden neuen Minister ihr neues Amt antreten, dann wird auch Philippi vereidigt werden – und Behrens eine Änderung ihrer Ministerurkunde erhalten. Am gleichen Tag wird Behrens auch ihr Landtagsmandat bekommen, denn sie rückt für Boris Pistorius nach, der sein Mandat niedergelegt hatte und dessen Sitzverlust im Landtag am Mittwoch formal festgestellt wird. Für Philippi, der sein Bundestagsmandat aufgeben wird, rückt dann Dirk-Ulrich Mende aus Celle nach, der einstige Oberbürgermeister. Der 65-jährige Mende, der sich sehr auf die Bundestagsarbeit freut, arbeitet bisher als Geschäftsführer im Team des Niedersächsischen Städtetages (NST). Dieses Amt wird er niederlegen, der NST begibt sich auf die Suche nach einem Nachfolger.