Fassungslos, enttäuschend, nicht arbeitsfähig: Das war am Dienstag der Tenor in der Landtagsdebatte über die niedersächsische Pflegekammer. Die Landespolitik hat die Geduld mit Kammer verloren, eine Befragung aller registrierten und nicht registrierten Mitglieder soll nun Klarheit schaffen. Darin können sich die Mitglieder entscheiden, ob sie weiter eine dann generell beitragsfreie Pflegekammer haben wollen, oder ob diese abgewickelt werden soll.

In fast allen Fraktionen ist man mit der Pflegekammer mit der Geduld am Ende – nur in einer noch nicht – Foto: MB.

Laut Sozialministerin Carola Reimann soll die Befragung Mitte März beginnen. Mit Ergebnissen sei Ende April zu rechnen.

Auch unter die personellen Querelen will die Sozialministerin nun einen schnellen Schlussstrich ziehen. Kammerpräsidentin Sandra Mehmecke wollte, nachdem ein Misstrauensvotum mit einer Stimme Mehrheit zu ihren Ungunsten ausging, in der nächsten ordentlichen Kammerversammlung am 17. März ihren Rücktritt anbieten. „Das ist zu spät, um klare Verhältnisse zu schaffen“, sagte Reimann jetzt im Landtag. Deshalb habe es am Montagabend ein „aufsichtsrechtliches Gespräch“ zwischen Staatssekretär Heiger Scholz und der Kammer gegeben. Nun soll ein früherer Termin für die Kammerversammlung gefunden werden.

Enttäuschung bei der SPD, kein Vertrauen bei der CDU

SPD-Fraktionschefin Johanne Modder warf der Pflegekammer vor, die Kritik, die es von Beginn an gegeben habe, durch „unglückliches Agieren, katastrophale Kommunikation und die unsägliche Beitragserhebung“ noch einmal verstärkt zu haben. „Ich bin durch die aktuelle Entwicklung tief enttäuscht“, sagte Modder.


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Beim Koalitionspartner CDU, bei dem die Kammer von Beginn an nicht wohlgelitten war, hält man diese in ihrer jetzigen Form für nicht arbeitsfähig. Die Gremien seien tief untereinander zerstritten, es gebe keine Basis für eine Zusammenarbeit, sagte der CDU-Sozialexperte Volker Meyer. Eine Vollbefragung der Pflegekräfte sieht Meyer als Chance, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

FDP spricht von „Kammer des Schreckens“

Scharfe Kritik an der Pflegekammer kam von FDP und AfD. „Wir meinen: Die Kammer gehört abgeschafft. Wir sehen keine Notwendigkeit für sie“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner. Er warf der Kammer ein „unfassbares, unprofessionelles, unsensibles und teilweise auch arrogantes Verhalten gegenüber den Mitgliedern“ vor.  „Lassen Sie uns diese ‚Kammer des Schreckens‘ wieder auflösen und eine freiwillige Vereinigung der Pflegenden schaffen“, forderte der FDP-Politiker. Der AfD-Sozialpolitiker Stephan Bothe meinte, man komme nicht um einen strukturellen Neuanfang herum. „Stoppen Sie diese Kammer, kommen Sie zur Vernunft“, sagte Bothe an die Adresse der Großen Koalition.

Ihre letzten Unterstützer im Parlament findet die Pflegekammer bei den Grünen. „Die Kammer hat Fehler gemacht, aber wir sollten als Landespolitik nicht so tun, als ob wir damit nichts zu tun hätten. Die Kammer ist zum Spielball der Politik geworden“, kritisierte die Meta Janssen-Kucz, Sprecherin für Gesundheit und Pflege in der Grünen-Fraktion.