Niedersachsens Härtefallkommission hat im vergangenen Jahr etwas weniger Arbeit gehabt als noch im Jahr zuvor. Es wurden weniger Fälle eingereicht, zugleich gab es aber auch weniger Entscheidungen. Das dürfte vor allem an den neusten Gesetzesänderungen im Asylrecht liegen, die nun auch Bewerber auffangen, deren letzte Chance auf ein Bleiberecht sonst die Härtefallkommission gewesen wäre. Über 196 Einzelschicksale hat die Kommission im vergangenen Jahr beraten, 121 davon sind als Härtefälle bewertet worden. „Die Zahl ist erfreulich, weil sie zum einen zeigt, dass die Kommission eine wichtige Funktion erfüllt“, sagte Innenminister Boris Pistorius. „Zum anderen ist sie aber nicht so hoch, was dafürspricht, dass die Asylgesetze in ihrer jetzigen Form funktionieren.“

828 Anfragen, Eingaben genannt, haben die Härtefallkommission im vergangenen Jahr erreicht, 96 weniger als in 2015. „Das liegt zum einen daran, dass die Gesetze geändert worden sind“, sagt die Kommissionsvorsitzende Anke Breusing. „Wir stellen aber fest, dass wir Betroffene noch intensiver informieren müssen, welche Möglichkeiten sie nach einem abgelehnten Asylantrag noch haben.“

An die Härtefallkommission kann sich nur wenden, wer ausreisepflichtig ist und alle Rechtswege schon beschritten hat. Denn die Härtefallkommission ist keine weitere juristische Instanz. Sie ist ein Organ, das sich auf humanitärer Basis für die Menschen einsetzt, die nach dem Gesetz zwar gehen müssen, aber durch humanitäre oder persönliche Gründe nicht können oder wollen. Ihre Entscheidung wird als Empfehlung dem Innenminister vorgelegt, der schließlich ein Bleiberecht zuteilt oder nicht. Die meisten Eingaben kamen wie schon im Vorjahr von Menschen, deren Heimat die Balkanstaaten sind. Vergangenes Jahr lag Albanien vorn, im Jahr zuvor war es Serbien. Der Grund dafür ist die Kennzeichnung der Länder im Asylgesetz als sichere Herkunftsstaaten, weshalb die große Mehrheit der Asylanträge von der Verwaltung abgelehnt wird.

Eine erste Entscheidung gab es 2016 in 679 Fällen, dazu zählen aber auch Eingaben, die 2015 gemacht wurden. Denn von der Eingabe bis zur Entscheidung können einige Monate bis zwei Jahre vergehen. „Wir prüfen alle rechtlichen Möglichkeiten, bevor wir entscheiden“, sagt Breusing. 375 Eingaben wurden schon abgelehnt, bevor sie überhaupt in die Kommission gelangt sind. 181 Eingaben hat die Vorsitzende Breusing hauptsächlich abgelehnt, weil die Betroffenen zum Zeitpunkt der Eingabe noch keine 18 Monate in Niedersachsen lebten.

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120 andere Eingaben wurden zurückgewiesen, weil die Betroffenen noch nicht alle Rechtswege genutzt haben, sich ihre persönliche Situation geändert hat oder neue Änderungen im Gesetz auf ihre Situation passen. So gilt etwa seit kurzem auch eine erfolgreiche und dauerhafte Integration als Grund für ein Bleiberecht. 2015 waren noch 631 Eingaben abgelehnt worden. Besprochen wurden schließlich 196 Fälle, 62 weniger als 2015. 121 davon wurden als Härtefälle bewertet und an das Innenministerium weitergegeben. Das vergab in 120 Fällen ein Bleiberecht, acht Einschätzungen lehnte es ab. Auch hier stammten Entscheidungen noch aus dem Vorjahr.

221 Menschen dürfen aufgrund der Entscheidung der Härtefallkommission nun dauerhaft in Deutschland leben, der Großteil als Familie mit Kindern. Wie etwa eine vierköpfige Familie aus Hameln, von der Kommissionsmitglied und Superintendent Philipp Meyer berichtet. Die Familie aus Albanien hatte in den USA und Kanada versucht, sich ein neues Leben aufzubauen, beide Male wiesen die Behörden sie nach einigen Jahren aus. In Hameln versuchte sie es erneut, engagierte sich zudem in der katholischen Kirche und gab sich viel Mühe bei der Integration. „Die Familie hatte viele Unterstützer und war ein tolles Beispiel für tadellose Integration“, sagt Meyer.