Ab der Woche nach Ostern sollen die Kommunen ihre Zahlen und Daten bereitstellen, die im Laufe dieses Jahres durch die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes anfallen. Auf dieser Grundlage will das Land seinen finanziellen Beitrag anpassen. Die Daten sollen vom Sozialministerium und den kommunalen Spitzenverbänden ab August ausgewertet werden. Doch schon jetzt ist klar, dass es erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt. Nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch in der Umsetzung.

Vor allem im Informationsmanagement zwischen Politik und Sachbearbeitern hapert es; es fehlen Vordrucke und Bearbeitungshinweise. Darüber hinaus gestaltet sich die Anmeldung schwierig. Beratungsgespräche dauerten in der Regel eine bis anderthalb Stunden, oft auch länger, wenn ein Dolmetscher gebraucht wird. Die Prostituierten müssen für die Beratung jedoch unabhängig vom Aufwand 15 Euro zahlen. „Es ist klar, dass die Gebühr nicht kostendeckend sein kann“, sagt Stefan Wittkop vom Niedersächsischen Städtetag. Und noch etwas war so vorher nicht bedacht worden: Einige Kommunen haben Wittkop zufolge Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz ihrer Mitarbeiter treffen müssen, weil immer wieder Zuhälter ihre Prostituierten zum Amt begleitet hätten.

Müssen Lovemobile eine Toilette haben?

„Die Kommunen unterstützen die Zielrichtung des Gesetzes ausdrücklich“, sagt Wittkop, „Jedoch besteht noch erheblicher Klärungs- und Informationsbedarf in Einzelfragen.“ Diese sind vielfältig. So seien die Sachbearbeiter häufig ratlos, weil sie nicht wüssten, wie sie mit speziellen Formen der Prostitution oder der Bordelle im Sinne des Gesetzes umgehen sollten. „Ein Verwaltungsfachangestellter in einem kleinen Landkreis kann sich oft gar nicht vorstellen, was für verschiedene Arten von Bordellbetreiberkonzepten es gibt“, sagt Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistags. Unsicherheit gebe es zum Beispiel bei den Voraussetzungen für die Ausstattung von Lovemobilen. „Es fehlen konkrete Hinweise, mit welchen sanitären Anlagen und Sicherheitsmechanismen ein solches Mobil ausgestattet sein soll“, sagt Meyer. Darüber hinaus hätten nicht alle Berater ausreichendes Wissen über die Gesetzeslage für Prostitution, etwa über das komplizierte Steuerrecht. „Die Kommunen brauchen die detaillierte Hilfestellung vor allem deshalb, weil das Gesetz ja nicht die Prostitution zurückdrängen soll, sondern den Frauen helfen“, sagt Meyer.


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Denn Unkenntnisse der Sachbearbeiter erschwerten es auch, seriöse von unseriösen Konzepten zu unterscheiden und zu erkennen, wenn Prostituierte in einer Zwangslage sind. Die Rückmeldungen aus den Kommunen zur Anmeldung sind bislang sehr unterschiedlich. Während in Hannover bereits zwei Drittel der Prostituierten angemeldet sind, hat sich bisher in kleinen Städten wie Gifhorn dagegen nur eine Handvoll Frauen registrieren lassen. „Es ist noch zu früh, um dazu eine detaillierte Erklärung geben zu können“, sagt Wittkop. Es spiele aber die Art der Prostitution eine große Rolle. Während in Hannover mehrere Bordelle existieren, deren Betreiber ein Interesse daran haben, dass ihre Angestellten gemeldet sind, arbeiteten Prostituierte in kleineren Städten eher in Privatwohnungen oder im Lovemobil. „Die Wohnungsprostitution stellt die Kommunen vor besondere Schwierigkeiten, denn an diese Frauen ist nur schwer heranzukommen“, sagt Wittkop.

Regelmäßiger Austausch nötig

Er und Meyer sind sich einig, dass das Sozialministerium seine Informations- und Aufklärungspolitik noch ausweiten muss. Dazu könnten etwa landesweite Informationsveranstaltungen beitragen, schlägt Meyer vor. Dabei würde auch ein regelmäßiger Austausch unter den Behördenmitarbeitern zustande kommen. Denn die Unterschiede fangen schon damit an, dass in den Kommunen verschiedene Abteilungen für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes zuständig sind. „Einige Landkreise haben die Beratungen im Gesundheitsrecht angesiedelt, andere im Ordnungsrecht“, sagt Meyer. Das Sozialministerium zeigt sich bemüht, den Kommunen möglichst viele Informationen über die Auslegung des Gesetzes in den einzelnen Fällen zukommen zu lassen. So gibt es eine eigene Webseite zum Gesetz, die regelmäßig aktualisiert wird. Weitere allgemeine Hilfestellungen würden zurzeit zusammengestellt, sagt eine Sprecherin des Ministeriums, ebenso wie ein Fortbildungsangebot für die Sachbearbeiter. Und die Kommunen könnten jederzeit Einzelanfragen an das Ministerium richten und um Beratung bei individuellen Fällen zu bekommen.