Das landesweite „Aktionsbündnis Soziale Kommunalabgaben“ (ASK) will den Protest gegen das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz (NKAG) wesentlich verstärken. „Überall im Land, auch bei SPD- und CDU-Kommunalpolitikern, wächst die Kritik an der jahrelangen Praxis, Hauseigentümer mit Beiträgen an der Grunderneuerung oder am Ausbau der kommunalen Straßen heranzuziehen“, sagt Werner Eggers aus Barsinghausen, Sprecher der Initiative. Derweil regt sich etwas bei der CDU auf Landesebene. CDU-Generalsekretär Kai Seefried teilte gestern mit, dass die Partei eine Expertenkommission berufen wolle. Man peile die Abschaffung der Beiträge über eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes an – allerdings nur „im Einvernehmen mit den Kommunalverbänden“. Wann das sein wird, ließ Seefried offen – zumal die SPD/CDU-Koalition das Thema nicht in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hat.

Ursprung aus preußischer Bestimmung

Das ASK, das sich auch mit der Bezeichnung „Bisss“ abkürzen lassen will („Bürgerinitiative soziale Straßensanierung“) , steht für landesweit 50 Bürgerinitiativen, die jeweils in ihren Kommunen gegen die Verpflichtung zu Ausbaubeiträgen der Hausbesitzer an Kommunalstraßen protestieren. Schwerpunkte sind dabei die Region Hannover, die Regionen Oldenburg und Stade/Buxtehude/Cuxhaven, Ostfriesland, der Raum Göttingen/Northeim und die Lüneburger Heide. Das NKAG sieht seit mehr als 40 Jahren vor, dass Gebäudeeigentümer entlang kommunaler Straßen zu Beiträgen herangezogen werden dürfen, wenn diese Straßen grundsätzlich erneuert oder durch Umbauten aufgewertet werden. Dieses Gesetz geht auf eine alte preußische Bestimmung zurück, die 1893 erlassen wurde und sich später im Grundsatz über verschiedene Rechtsvorschriften fortgesetzt hat.


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Scharfe Kritik an Straßenausbaubeiträgen


Wie die ASK-Vorstandsmitglieder beim Besuch der Rundblick-Redaktion berichteten, hegen sie massive juristische Zweifel an den rechtlichen Begründungen der Straßenausbaubeiträge. Das gelte, obwohl das Bundesverfassungsgericht 2014 in einem Urteil zu den wiederkehrenden Beiträgen in Rheinland-Pfalz die Abgabe als rechtmäßig bezeichnete. „Wir wollen aber versuchen, auf politischem Wege in Niedersachsen eine Veränderung zu erreichen“, betonte Eggers. Die niedersächsische FDP teile die Auffassung bereits, aber auch bei den anderen Parteien sei „eine wachsende Nachdenklichkeit zu spüren“. Die Mitteilung des CDU-Generalsekretärs kam gestern relativ überraschend. Auch in einigen Nachbarländern sei Bewegung erkennbar, meint das ASK. So hätten die Bayern die Straßenausbaubeiträge bereits abgeschafft. In Hessen habe die SPD dazu einen Plan vorgelegt, der aber von der dortigen schwarz-grünen Koalition vom Tisch gewischt worden sei.

Grundeigentümer waren damals reich

ASK-Vorstandsmitglied Harald Beckmann sieht inzwischen einen Widerspruch zwischen der Entstehungsgeschichte der Straßenausbaubeiträge und der gegenwärtigen Situation. 1893, als das erste preußische Gesetz mit diesem Zweck in Kraft trat, seien die Straßen nicht vom Autoverkehr geprägt gewesen – Grundeigentümer seien damals meistens auch reiche Leute gewesen. Damals sei es noch verständlich gewesen, dass der Ausbau einer Straße dem dortigen Anlieger Vorteile verschaffe. Inzwischen aber habe sich die Situation gewandelt, aber mit einem länderübergreifenden Kommentar des Verwaltungsjuristen Hans-Joachim Driehaus von 1989 habe sich die ehemals preußische Sichtweise verfestigt – obwohl die Voraussetzungen heute ganz andere seien.

„Dabei wird ausgeblendet, dass jede Straße an das allgemeine Straßennetz angebunden ist und von jedermann benutzt werden kann“ – Harald Beckmann, Vorsitzender ASK

Demnach werde die Inanspruchnahme der Straße in der herrschenden juristischen Sichtweise mit wirtschaftlichen Vorteilen verquickt, und den Hauseigentümern werde damit ein Vorteil durch die Widmung der Straße als „Gemeingebrauch“ unterstellt. „Dabei wird ausgeblendet, dass jede Straße an das allgemeine Straßennetz angebunden ist und von jedermann benutzt werden kann“, meint Beckmann. Dass eine erneuerte Straße vor dem Haus den Gebrauchswert des Gebäudes steigere, sei nicht bewiesen, nicht einmal wahrscheinlich. „Außerdem ist die Straßenunterhaltung eine kommunale Pflicht, und die Grundstückseigentümer sind abhängig vom Eigentum der Kommune an der Straße. Dieses Abhängigkeitsverhältnis wird missbraucht, um die Anlieger an den Kosten zu beteiligen, die eigentlich die Kommune selbst tragen müsste“, meint Beckmann.