Die Steuerquellen sprudeln in Niedersachsen kräftig – aber auf die Situation der Kommunen im Lande wirkt sich das nicht überall segensreich aus. Der Landesrechnungshof hat in seinem gestern vorgelegten „Kommunalbericht“ festgestellt, dass vor allem die Gebiete profitieren, denen es bisher schon gut gegangen ist. Die schwächeren Zonen hingegen können nicht im gleichen Maße aufholen, sie hinken immer stärker hinterher. „Die Ungleichheit wird fortbestehen, wenn es nicht gelingt, durch zielgenaue Maßnahmen strukturelle Unterschiede auszugleichen. Insbesondere bei Förderprogrammen des Bundes und des Landes sollten Förderungen nach dem ,Gießkannenprinzip‘ vermieden werden“, heißt es in dem 120 Seiten umfassenden Bericht des Rechnungshofes. Die Aussage der Prüfbehörde wird auch vor dem Hintergrund der Tatsache getroffen, dass die Größen- und Leistungsunterschiede der niedersächsischen Kreise und Gemeinden erheblich sind. Rechnungshofpräsidentin Sandra von Klaeden sagte, man müsse sehen, dass „manche Kommunen so schwach sind, dass sie aus eigener Kraft die Mängel kaum beseitigen können“.

Der Rechnungshof beschreibt die Situation nicht ohne kritische Anmerkungen. So stellen die Prüfer zunächst eine „weitere Stabilisierung der Kommunalfinanzen“ fest, die vor allem durch die guten Steuereinnahmen bedingt ist. Ein Überschuss von 2,4 Milliarden Euro sei 2017 unterm Strich in allen Kommunalhaushalten erzielt worden. Die Kommunen hätten vergangenes Jahr mit 7,6 Milliarden Euro, das sind 28,5 Prozent, immer noch den größten Anteil ihrer Ausgaben für soziale Leistungen aufbringen müssen. Die Summe habe sich gegenüber dem Vorjahr aber um 0,2 Prozent verringert, nachdem 2016 noch ein Anstieg gegenüber 2015 von 13,6 Prozent ermittelt worden war. Dagegen seien aber die Personal- und Versorgungsausgaben der Kommunen auffällig angestiegen – mit einem Plus von 6,2 Prozentpunkten oder 335 Millionen Euro. Das sei die höchste Steigerungsrate der vergangenen Jahre. Noch eine Zahl ist eher beunruhigend: Trotz der guten Einnahmesituation wächst die Verschuldung erstmals seit 2012 wieder – und zwar nicht, wie in früheren Jahren, bei den Aufwendungen für Liquiditätskredite, sondern bei denen für Investitionen. In den kommunalen Kernhaushalten habe sich die Verschuldung 2017 um 63 Millionen Euro auf 12,09 Milliarden Euro gesteigert. Wenig optimistisch beurteilt der Rechnungshof nun die Aussichten zu seiner eigenen Ermahnung, der steigenden Verschuldung entgegenzuwirken: „Positive Tendenzen sind nach wie vor nicht in Sicht.“


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Der Rechnungshof hat auch eine Reihe einzelner Kritikpunkte aufgelistet. Für Kindergärten hätten freie Träger rund 43 Prozent der kommunalen Mittel für diesen Bereich erhalten – die tatsächliche Haushaltsbelastung sei aber noch höher, da Bauhofleistungen und kostenlos überlassene Gebäude hinzukämen. Der Betreuungsumfang habe im Durchschnitt bei sieben Stunden täglich gelegen, also deutlich über dem gesetzlichen Anspruch von vier Stunden. Die Vereinbarungen müssten hier konkreter und restriktiver werden. Die „Schulbegleitung“, also die Betreuung behinderter Kinder, sei schlecht organisiert, da viele Kommunen nur unzureichend über Angebote der Schule informiert seien. Hubert Meyer vom Landkreistag erklärt dazu, die Kommunen seien längst „zum Ausfallbürgen für die Inklusion“ geworden. Immer dann, wenn das Land nicht genügend Personal für die Betreuung behinderter Schüler bereitstelle, müssten in konkreten Fällen die kommunalen Jugend- und Sozialämter einspringen. Laut Rechnungshof hat sich in den untersuchten Kommunen die Zahl der betreuten Kinder seit 2012 verdoppelt, die Kosten für die Begleitung hätten sich gleichzeitig allerdings verdreifacht.

Scharfe Kritik übt der Landesrechnungshof am „Bezirksverband Oldenburg“ (BVO), der im alten Oldenburger Land Stiftungen verwaltet und Heime trägt. Trotz ausdrücklicher Hinweise sei es dieser Organisation seit acht Jahren nicht gelungen, für eine ordnungsgemäße und rechtssichere Kassenverwaltung zu sorgen. Noch immer leide der BVO an den Folgen einer kriminellen Handlung – 2014 hatte ein Mitarbeiter mehr als 700.000 Euro unterschlagen. Gerügt wird auch, dass von elf geprüften Kommunen keine eine exakten Überblick über die Situation und den Sanierungsbedarf ihrer eigenen Kanalisation habe angeben können.