Sollen Beamte, die unter Covid-19 leiden, dies künftig ohne zu aufwendige Überprüfung als Dienstunfall einstufen lassen können? Für diesen Weg spricht sich die SPD-Fraktionschefin im Landtag, Johanne Modder, aus. „Wir müssen dazu noch einige Gespräche mit dem Koalitionspartner CDU führen. Aber im Grunde sind wir uns als SPD-Fraktion schon einig, dass wir das wollen“, sagte Modder am Donnerstagmorgen vor Journalisten. Einige Stunden später kündigte der SPD-Innenpolitiker Ulrich Watermann eine entsprechende Initiative im Innenausschuss des Landtags an.

Symbolfoto: Canva, SPD-Fraktion Niedersachsen

Dort wird gegenwärtig über ein „Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften“ beraten, das gleich mehrere Komplexe umfasst – von der Neuregelung von Beihilfe-Vorschriften über die Frage der Tätowierungen bei Polizeibeamten bis zur Regelabfrage für neue Polizei-Bewerber beim Landesamt für Verfassungsschutz und beim Landeskriminalamt. Es erscheint durchaus vorstellbar, dass ein Passus über die erleichterte Anerkennung von Covid- 19-Erkrankungen als Dienstunfall in den Gesetzentwurf noch aufgenommen wird. Folgende Knackpunkte stehen derzeit zur Neuregelung in der Diskussion:

Covid-19 als Dienstunfall: Ein Polizist, der an Covid-19 erkrankt ist und womöglich körperliche Langzeitschäden davonträgt, müsste nach bisherigem Recht belegen, dass er bei der Dienstausübung infiziert wurde. Das fällt bei Corona schwer, da zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit eine gewisse Zeit vergeht. Einige Länder wie Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen haben schon Regeln geschaffen, nach denen der Beamte von der Beweislast befreit wird. Die Anerkennung als Dienstunfall wäre so erleichtert, bei mehr solcher Fälle dürfte es dann auf Sicht auch höhere Versorgungsausgaben für jene geben, die dauerhaft dienstunfähig sind. Wie Dietmar Schilff von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) erläutert, habe er mit Innenminister Boris Pistorius über ein „Musterverfahren“ vor Gericht gesprochen – doch „so etwas könnte dauern“. Wie die SPD-Fraktionschefin Modder berichtet, haben Polizisten in Niedersachsen bisher 97 Anträge auf Anerkennung als Corona-Dienstunfall eingereicht, keiner davon sei positiv entschieden worden. Drei Klagen seien derzeit anhängig.

Regelabfrage beim Verfassungsschutz: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass für angehende Polizisten künftig zwingend beim Verfassungsschutz wegen möglicher Einträge nachgefragt wird, außerdem beim Landeskriminalamt wegen möglicher Straftaten und bei den Polizeistellen der Wohnsitze in den zurückliegenden fünf Jahren. Bisher mussten die Bewerber ihr Einverständnis für die Anfrage beim Verfassungsschutz geben. Im Innenausschuss sagte Patrick Seegers von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), er begrüße die Absicht, die Polizei solle frei von Extremisten bleiben. Ähnlich sieht es Tina Kolbeck vom DGB-Landesbezirk. Zum CDU-Vorstoß, dies auch auf angehende Richter und Staatsanwälte auszudehnen, äußerte sie sich kritisch: „Das ist unverhältnismäßig und nicht zielführend“, denn das Mäßigungsgebot im Beamtenrecht und das Disziplinarrecht böten genügend Möglichkeiten.

Tätowierungen von Polizisten: Mit dem neuen Gesetz soll auch das Innenministerium ermächtigt werden, einen Erlass für Tätowierungen bei Polizisten vorlegen zu können. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Ende 2017 eine landesgesetzliche Grundlage für solche Vorgaben verlangt, bisher fehlte diese. DPolG-Sprecher Seegers meinte, Tattoos seien „heute nicht mehr ein Zeichen von Mitgliedschaft in einer Motorradgang oder ein Hinweis auf verbüßte Haftstrafen“, vielmehr würden viele junge Menschen das zur Ausprägung ihrer Persönlichkeit nutzen. Daher seien großzügige Regelungen des Ministeriums geboten.

„Das kommt einer Kriminalisierung der Beschäftigten gleich.“

Kampf gegen Abrechnungsbetrug: Zwischen 2001 und 2017 hat das Landesamt für Bezüge und Versorgung nach Darstellung der Landesregierung Betrugsfälle bei Beihilfe-Abrechnungen von Beamten aufgedeckt – im Umfang von mehr als 2 Millionen Euro. Teilweise haben der jeweilige Beamte und sein Arzt gemeinsame Sache gemacht. Neu geregelt werden soll nun, dass die Belege zehn Jahre lang aufgehoben werden sollen, außerdem sollen sie digital erfasst werden. Ein Problem sei nämlich gewesen, dass die Unterlagen nach Prüfung dem Beamten immer gleich zurückgegeben werden mussten und eine spätere Nachprüfung daher kaum möglich war. Christian Kröplin vom Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK) übte an der geplanten Neuregelung scharfe Kritik: „Das kommt einer Kriminalisierung der Beschäftigten gleich und wird von uns abgelehnt.“