Solaranlagen auf niedersächsischen Häusern sind bisher eher selten zu sehen. Geht es nach der Landesregierung, soll sich das in den kommenden Jahren ändern. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil unterstützt deshalb mit den Regierungschefs der weiteren vier norddeutschen Länder einer Initiative zum sogenannten Mieterstrom, und bei den Grünen fragt man sich, warum das eigentlich so lange dauert. Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte bereits im Sommer vergangenen Jahres einen Antrag eingebracht, in dem gefordert wird, die gesetzlichen Regelungen zum Mieterstrom für Solarenergie zu überarbeiten. Derzeit liegt der Antrag im Wirtschaftsausschuss, wo er noch nicht behandelt wurde.

Aus Sicht von Julia Verlinden, Grünen-Bundestagsabgeordneter aus Lüneburg, hat die Bundesregierung dieses Instrument für die Energiewende in den Städten vollkommen vermasselt. „Wo längst Solarenergie produziert werden könnte, reihen sich verschenkte Dachflächen aneinander“, meint Verlinden. Inzwischen machen nicht nur die Grünen, sondern auch die Unternehmen der Wohnungswirtschaft Druck. Für den Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen (VDW) steht das  Thema Klimaschutz in diesem Jahr ganz oben auf der Agenda. Die Unternehmen wollen das Instrument des Mieterstroms nutzen.

VDW meint: Modell rechnet sich auch für Mieter

Aber wie funktioniert das eigentlich genau? Vermieter könnten zum Beispiel auf ihren Gebäuden Photovoltaikanlagen installieren und die Mieter so mit dem Strom aus dem eigenen Haus beliefern. Möglich wäre das auch mit einem Blockheizkraftwerk. Das Modell rechnet sich auch für Mieter, meint man beim VDW. Dort hat man sich das einmal für ein Quartier mit 250, jeweils 60 Quadratmeter großen Wohnungen ausgerechnet. Wenn Wärme und Strom eines solchen Quartiers durch sogenannten Mieterstrom, also eigene Anlagen, bedient würden, könnte man demnach fast 160 Tonnen CO2 sparen. Natürlich wäre es auch möglich, dieselbe Summe über Modernisierungen der Gebäude einzusparen. Die Mieter einer 60 qm-Wohnung würde das allerdings durch die folgende Mieterhöhung rund 680 Euro mehr im Jahr kosten. Würde man die Einsparung dagegen über den Einsatz eigener von Kraft-Wärme-Kopplungs- und Photovoltaikanlagen erreichen, könnten die Haushalte dadurch sogar um 80 Euro pro Jahr entlastet werden, weil der Strom günstiger angeboten werden könnte.

Noch ist das für Unternehmen nicht reizvoll

Im Moment ist dieses Modell für Unternehmen allerdings unattraktiv, weil es steuerliche Nachteile mit sich bringt. „Bisher laufen die Wohnungsunternehmen Gefahr, durch so eine Anlage in eine steuerlich höhere Veranlagung zu fallen“, erklärt VDW-Direktorin Susanne Schmitt. Die Unternehmen schlagen vor, die Erzeugung und Lieferung von Strom über eine Ergänzung des Gewerbesteuergesetzes in den Katalog der gesetzlich zugelassenen Nebentätigkeit aufzunehmen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil plädierte für eine Änderung auf Bundesebene gleich im ersten Quartal „im Kontext der ohnehin geplanten Reform des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG)“. Aus dem Landesumweltministerium heißt es, die nächste Gelegenheit, das Thema anzugehen, gebe es Ende Januar. Dann treffen sich die Chefs des Staatskanzleien und könnte die Bundesregierung um Regelungsvorschläge bitten.

Unterstützung kommt dabei auch aus der Opposition. Grünen-Fraktionsvize Christian Meyer hält die Eigenversorgung von Quartieren mit Strom für eine sinnvolle Sache. „Das würde die Energiewende massiv voranbringen, im Moment gibt es einfach immer wieder an vielen Stelle zu viele kleine bürokratische Hürden“, sagt Meyer dem Politikjournal Rundblick. Er würde sich darüber hinaus wünschen, dass das Land bei den eigenen Gebäuden selbst Vorreiter wird und den Strom lokal an Gebäude erzeugt. Er sei aber pessimistisch, dass die Landesregierung das umsetzen werde.

Die Landesregierung teilt auf Rundblick-Nachfrage mit, für die Landesgebäude gebe es eine erste grobe Einschätzung, welche  für Photovoltaikanlagen geeignet sind. Wie viele Gebäude es am Ende aber konkret seien, müsse noch näher untersucht werden. Bei der Errichtung von Neubauten würden verstärkt auch Photovoltaikanlagen erstellt. Bei Bestandsgebäuden werde gerade geprüft, ob geeignete Dachflächen an externe Betreiber zur Errichtung solcher Anlagen vermietet beziehungsweise verpachtet werden können.